Die gleichbleibend große Bedeutung des Hüttenbauens
Der kleine Nils hält das Feuer am Brennen, stochert mit der angekokelten Holzlatte in die Glut. "Wow", bestaunt er den Funkenflug. Thomas Strempel wirft Brennmaterial nach. Die Flammen wärmen an diesem nasskalten Nachmittag.
Es riecht nach Abenteuer an der Heidelberger Straße in Eller - und das seit beinahe 41 Jahren.
Am 21. Oktober 1973 öffnete der Abenteuerspielplatz in der Nachbarschaft zum Schloss erstmals seine Pforten. 1980 hat der heutige Leiter der Einrichtung, eben Thomas Strempel, hier seine (Sozial-) Arbeit aufgenommen. Im großen Aufenthaltsraum auf dem Gelände erzählt er über die Anfänge und die Entwicklung des ASP Eller, die Idee dahinter und die gleichbleibend große Bedeutung des Hüttenbauens.
Den Raum schmücken einige Fotos, die anlässlich der 40. Geburtstags des Spielplatzes im vergangenen Jahr Teil einer großen Ausstellung waren. Sie zeigen auffallend viele langhaarige Kinder und Erwachsene, mit bunten Schlaghosen bekleidet, vor Bretterbuden stehen oder in Wasserpfützen spielen. Strempel lächelt: "Tja , die 1970er-Jahre. Erste Protagonisten der 68-er-Bewegung an den Schaltstellen der Gesellschaftspolitik. Der Start fiel auch hier in eine Zeit, in der neue Konzepte der offenen Arbeit mit Kindern an Bedeutung gewannen."
Die wurde bis dato vorwiegend im kirchlichen Bereich geleistet, etwa in Messdiener- oder Pfadfindergruppen. Erste kommunal finanzierte Jugendclubs entstanden. "In Eller war eine Studenteninitiative, unter anderem aus der damals im Stadtteil beheimateten FH Düsseldorf, maßgebend für die Entstehung der Einrichtung", sagt Strempel. Man gründete den Verein "Abenteuerspielplatz Eller", um ein Trägermodell in Kooperation mit der Stadt verwirklichen zu können. Strempel: "Die brauchten eine Art juristischen Ansprechpartner für die Unterstützung. Der einfachste Weg war die Vereinsgründung." Mit Hilfe der Kommune wurde ein Grundstück gesucht und gefunden. Es ist stets das gleiche geblieben, "10000 qm Nutzfläche", so Strempel. Er lacht: "Die Weidefläche für unsere Tiere ist im Laufe der Zeit etwas kleiner, die Spielfläche größer geworden."
Verändert hat sich auch die Nutzungsweise des Abenteuerspielplatzes. Die ersten 30 Jahre seien von Stammbesuchern geprägt gewesen. "Die Kinder sind von morgens bis abends auf dem Gelände geblieben!" Interessant dabei: "Die Kontakte waren seinerzeit intensiver, wir hatten sehr viele Informationen aus dem familiären Umfeld der Kids." Besuch bekam der Spielplatz vornehmlich aus den Arbeitersiedlungen im Umfeld, da war dann auch der eine oder andere soziale Brennpunkt dabei. Strempel: "Auch wenn Gymnasiasten damals in der Unterzahl waren, die soziale Durchmischung der Gruppen hier war insgesamt gegeben."
Inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen jedoch geändert: "Wir haben aktuelle einige Kooperationen mit Schulen, die die Offene Ganztagsbetreuung anbieten. Eine Schule kommt sogar aus Wittlaer." Das hat zur Folge, dass der Anteil der in Gruppen organisierten Kinder, die den ASP besuchen, von ehemals kaum 5 Prozent auf über 50 Prozent gestiegen ist. Dabei sind die Besucherzahlen pro Tag über die Jahrzehnte stabil geblieben - "80 bis 100 Kinder am Tag", so Thomas Strempel. Die Herausforderung: "Wir haben viel mehr verschiedene Kinder, denen immer weniger Zeit zur individuellen Freizeitgestaltung bleibt. Höchstens bis zu zwei Stunden." Die 6- bis 14-Jährigen seien heute konsumorientierter, bräuchten auch vermehrt Anleitung. "Ist aber auch nicht überraschend", sagt der 58-jährige Einrichtungsleiter. "Früher konnten die Kinder bis zu 25 Stunden in der Woche hier Zeit verbringen, vieles entspannter angehen."
Das ASP-Team ist stärker eingebunden, leistet beispielsweise bei der Auswahl und Bearbeitung von Holzlatten für den Hüttenbau mehr Vorarbeiten. "Früher haben die Kinder etwa die Nägel aus dem Baumaterial herausgezogen, jetzt machen wir das. Die kommen ja sonst gar nicht mehr zum werkeln." Und Fakt ist: Der Hüttenbau ist damals wie heute ein Schwerpunkt in Eller. Die pädagogischen Aspekte des Abenteuerspielplatzes haben ebenfalls überdauert. "Es geht um Risiko- und Selbsteinschätzung der Kinder, auch um Körperbeherrschung", sagt Strempel. "Man kann Gefahren nicht entkommen, wenn man nicht mit ihnen konfrontiert wird." Auch hier wäre ein Kind schon in einen Nagel getreten, "aber", so Strempel, "das passiert in der Regel dann auch nur einmal."
Dennoch, die Spielregeln an der Heidelberger Straße sind im Laufe der Jahre dem höheren Bedürfnis nach Sicherheitsstandards angepasst worden. Zweigeschossige Buden müssen etwa einen zweiten Fluchtweg haben, die Bauhöhe selbst ist beschränkt. Strempel erzählt: "In den Anfangsjahren haben sich die Kinder hier beim Türme bauen aus Holz gegenseitig übertroffen. Eines Tages ist jemand vom Ordnungsamt vorbei gekommen und hat die Hände über den Kopf zusammen geschlagen..."
Der erste Spielteich sei eine selbstgebildete Regenpfütze gewesen, inzwischen ist er asphaltiert und mit einer Filteranlage versehen. "Es ist schon vorgekommen, das Besucher beim Betreten des Geländes gesagt haben: 'Hier ist es aber aufgeräumt'", lächelt Thomas Strempel. "Wir müssen eben immer wieder aufpassen, dass wir das Abenteuer niemals so ganz aus dem Auge verlieren..."