Interview Der Blockflöten-Spieler: "Ich bin dort angekommen, wo ich hinwollte"
Für Volker Kuinke ist die Blockflöte das schönste Musikinstrument. Auf dem neuen Album seines Projekts Syrinx Call bringt er es vielseitig zum Einsatz. Im Interview mit dem Düsseldorfer Anzeiger spricht der 54-Jährige über blöde Weihnachtsgeschenke, unerfüllte Kindheitsträume und seine Flötensammlung.
Herr Kuinke, Sie spielen Blockflöte. Ist das nicht nur was für Kinder?
Volker Kuinke: Das ist der Ruf, den die Blockflöte ungerechterweise hat. Es gibt sehr anspruchsvolle Sachen im Klassikbereich, zum Beispiel von Bach. Wenn man das Instrument so spielen können will, muss man sehr viel dafür tun. Die Blockflöte hat das Pech, dass sie relativ klein ist und als Anfängerinstrument sehr erschwinglich ist. Viele Eltern haben nicht so ein dickes Portemonnaie und sagen dann, fangen wir doch erst mal mit der Blockflöte an. Eine Gitarre, ein Klavier oder ein Cello kosten viel Geld. Deswegen fangen viele mit der Blockflöte an. Sie hat zu Unrecht diesen Ruf.
Bei Ihnen war es keine Liebe auf den ersten Blick.
Nein, überhaupt nicht!
Wie war Ihre erste Begegnung mit der Blockflöte?
Wie bei vielen anderen Kindern auch: Ich bekam zu Weihnachten eine Blockflöte. Ich dachte nur "Oh Gott! Das will ich überhaupt nicht!" Ich wollte lieber E-Gitarre spielen, die fand ich immer cool. Ich dachte, was soll ich mit dieser blöden Flöte. Meine Eltern hatten mich aber schon in der Musikschule angemeldet. Als ich in der Musikschule ankam, waren drei Mädels da, die zu meinem Unglück alle einige Vorkenntnisse hatten, und ich noch gar keine.
Und da war Ihr Ehrgeiz geweckt?
Genau! Ich habe geübt wie ein Besessener. Nach vielen Monaten und Jahren habe ich gemerkt, mit diesem Instrument kannst du ja super deine Gefühle ausdrücken. Das war für mich das Schlüsselerlebnis. Wenn ich Frust hatte, oder Freude ausdrücken wollte, habe ich mir nach der Schule die Flöte geschnappt und angefangen nach Herzenslust zu spielen. Nach jahrelanger Übung klassischer Literatur habe ich angefangen, zu meiner Lieblingsmusik zu spielen und gemerkt, dass das mit dem Improvisieren richtig gut klappt. Wenn ich etwas höre, kann ich sofort dazu spielen. Ich hatte zehn Jahre Unterricht und konnte mir danach viel bei Profis abgucken.
Manch anderer würde vielleicht auf die Querflöte umsteigen und einen Platz im klassischen Orchester suchen.
Das habe ich anfangs auch gedacht. Ich habe fünf Jahre versucht, die Querflöte zu spielen, aber sie entspricht einfach nicht meiner Persönlichkeit. Trotz guter Fortschritte habe ich gemerkt, dass mir die Haltung und der Klang der Blockflöte einfach besser gefällt. Die Schwingungen des Atems und der Seele kann ich direkt in das Instrument hineingeben. Mit der Gitarre könnte ich das beispielsweise nicht.
Für Sie gibt es nicht nur "die Eine", sie haben eine ganze Sammlung an Blockflöten…
Es ist so ähnlich wie bei den Stimmen. Auch bei Flöten gibt es Sopran, Alt, Tenor und Bass. Und darüber hinaus noch mehr. Man fängt bei einer ganz kleinen Sopranino an. Dann gibt es die bekannte C-Flöte. Ein handgearbeitetes Instrument aus Buxbaum kostet schon 1500 Euro. Mit einer Alt-Flöte, die sehr weit verbreitet in der Literatur für Barockmusik ist, kommt man schon in die tieferen Töne. Dann gibt es noch die Tenor-Flöte, die eine Oktave unter der Sopran-Flöte liegt. Die nächstgrößere ist die Bass-Flöte. Und es gibt noch tiefere Stimmungen. Ganz modern sind Flöten, die einen integrierten Tonabnehmer haben. Die kann man direkt an einen Verstärker anschließen, man braucht also kein Mikrofon mehr.
Was hören Sie sich denn selbst gern an?
Da bin ich nicht festgelegt. Musik muss mich emotional berühren. Die Charts rauf und runter, das hängt mir schnell zum Hals raus. Im Radio hört man ja jeden Tag dasselbe. Ich bin ein großer Fan von Artrock. Das ist anspruchsvolle, progressive Rockmusik. Auch in der Klassik und im Jazz-Bereich gibt es interessante Dinge. Mein Anspruch ist, genauer hinzuhören und mich mittels Kopfhörern in die Musik fallenzulassen. Das erwarte ich auch von der Musik, die ich selber mache.
Auf ihrem Album "Wind in the woods" ihres Projekts Syrinx Call hört man, dass die Blockflöte sehr vielseitig eingesetzt werden kann.
Bei diesem Album wollten wir einfach zeigen, dass die Blockflöte zu mehr in der Lage ist als Klassik. Wir wollten unsere Inspirationen fließen und fliegen lassen und schauen wohin die musikalische Reise geht. Für das Album benötigte mein musikalischer Partner und Produzent Jens Lueck 6 Wochen intensiver Arbeit im 'Art Of Music' Tonstudio in der Nähe von Hamburg. Wir haben sehr gut zusammen gearbeitet und uns einige Spezialisten ins Boot geholt. Eine Geigerin, eine Cellistin, drei Gitarristen — unter anderem mein Bruder — und Isgaard, die schon bei Schiller gesungen hat und zwei Nummer-Eins-Hits hatte. Bei ihren letzten beiden Alben habe ich Flöten-Soli beigesteuert. Auch meine Frau Doris Packbiers hat einige Gesangspassagen beigsteuert.
Hier kann man in das Album des Blockflötisten hineinhören:
Welchen musikalischen Traum möchten Sie sich noch erfüllen?
Ich bin da angekommen, wo ich hinwollte. Wir haben was ganz Neues gemacht. Jetzt würde ich mir wünschen, dass unsere Musik auch Gehör findet. Es wäre schön, wenn viele Menschen das Album hören und es auch einen Achtungserfolg feiern würde. Dann könnte man überlegen, eine zweite Platte zu machen. Wenn es klappen sollte, dass wir Gehör finden, besteht vielleicht auch die Möglichkeit, dass wir die Musik live präsentieren.
Musik ist dennoch erst einmal ihr Hobby.
Richtig, ich verdiene meine Brötchen mit etwas anderem. Ich bin Bibliothekar. Aber wenn es die Möglichkeit gibt, etwas mehr zu machen, sein Hobby zum Beruf zu machen, warum nicht?