Arabella-Premiere in der Deutschen Oper am Rhein Gruppensex im Hotel

Es gibt diesen ganz besonderen Moment in der Oper, den man in keinem anderen Theater dieser Welt so findet. Der Rang schreit "Buh", das Parkett "Bravi", die feinen Bürger verlieren die Fassung. Es herrscht Stadion-Atmosphäre.

Ganz starkes Duo: Simon Neal als Mandryka und Jaquelyn Wagner in der Titel-Rolle der Richard Strauss-Oper „Arabella“.

Foto: Hans Jörg Michel

Was war geschehen? Die erste Premiere der neuen Spielzeit hat stattgefunden. "Arabella" von Richard Strauss. "Eine lyrische Komödie von Hugo von Hoffmannsthal". Wer Komödie erwartet, der möchte lachen. Und hat hier schon ein Problem. In der Inszenierung von Tatjana Gürbaca gibt es herzlich wenig zu lachen.

Es sind kleine Blitzer eines Lächelns, die sie sich und ihrem Publikum gestattet. Meist durch den spielsüchtigen, runtergekommenen Graf Waldner, Vater der schönen Arabella, ausgelöst. Dort hockt die also, diese verarmte Adelsfamilie, mitten in Wien und ist blank.

Weil für zwei Töchter ohnehin kein Geld da ist, muss Zdenka als Junge durch die Welt irren. Die schöne Arabella hingegen soll durch Heirat ordentlich Geld in Vaters leere Kasse spülen. Es geht um Lust, es geht um Geld und eine dekadente Gesellschaft, deren trauriger Höhepunkt eine Orgie beim Fiakerball wird. Gruppensex im Hotel. Ein spontaner Swingerclub, weil Mandryka, der Verlobte Arabellas, sich verraten fühlt. Am Ende ist nur eine unschuldig: Arabella.

Das Verwirrspiel Liebender, das bei Mozart noch zur heiteren Posse geraten wäre, ist hier demütigend, traurig und bitter. Glück sieht anders aus.
Erst mit dem zweiten Aufzug entwickelt diese Arabella-Inszenierung ihre ganze Kraft.

Der Sturm von Entrüstung und Begeisterung entfacht sich am Ende an Tajana Gürbacas Inszenierung. Gefällig ist da nichts. Und wer sich auf einen lustigen Abend gefreut hatte, der wurde enttäuscht. Dennoch: Dass es ein großer Abend wurde, ist der Verdienst von Jaquelyn Wagner.

Ihre Arabella ist so berührend und schön, dass sich am Ende das tobende Publikum im gemeinsamen "Bravo" doch noch vereint. Und das ist dann wieder Oper, nicht Stadion.