Nik Kershaw im Savoy Theater Wie ein Vertrag mit dem Publikum

Eine optische Ähnlichkeit mit dem einstigen Popstar der 1980er Jahre ist kaum noch auszumachen. Wer, wenn er heute den Namen Nik Kershaw hört, an Schulterpolster und – aus aktueller Perspektive betrachtet – seltsame Frisuren denkt, liegt deutlich daneben. Was aber geblieben ist von dem Musiker, der mit Hits wie „Wouldn’t it be good“, „I won’t let the sun go down on me“ und „The riddle“ in den 1980ern die Fans begeisterte, verrät der heute 61-jährige Nik Kershaw, der am 19. Juni im Savoy Theater auftreten wird, in einem Interview.

Nik Kershaw kommt am 19. Juni ins Savoy Theater nach Düsseldorf. Und mit ihm nicht nur seine alten Hits, sondern auch neue Kompositionen seiner aktuellen Alben.

Foto: Kai R. Joachim

Mr. Kershaw, bevor Sie einst mit Ihrer Musik zahlreiche Chartplatzierungen belegen konnten und schließlich Weltruhm erlangten, machten Sie eine Ausbildung beim Arbeitsamt.

Ich wusste zu dieser Zeit aber auch schon, dass ich lieber Musik machen würde. Ich hatte schon seit meiner Schulzeit in Bands gespielt und musste einfach dem Zwang nachgeben, Musiker zu werden. Die Ausbildung habe ich dann auch nicht beendet.

Ist dieser unbedingte Wunsch dann gleichzeitig Antrieb genug, erfolgreich Stücke zu schreiben?

Nun, es ist bei mir wie ein dringendes Verlangen, Songs zu komponieren. Manchmal wache ich nachts auf und muss das Stück, das ich dann im Kopf habe, einfach sofort aufschreiben und im besten Fall sogar sofort aufnehmen. Es ist also fast ein Zwang, ich habe keine andere Wahl, als Komponieren zu müssen.

Obwohl Sie Multiinstrumentalist sind – Sie spielen unter anderem Bass, Keyboards und Schlagzeug – ist Ihr Hauptinstrument die Gitarre …

… die kann ich jederzeit und unmittelbar zur Hand nehmen und spielen. In jeder Band, in der ich gespielt habe, war ich jeweils als Gitarrist unterwegs. Beim Klavier ist das schon nicht mehr ganz so, ich bin diesem Instrument einfach nicht so nah wie der Gitarre.

Im September 1983 erschien Ihre erste Single „I wont’t let the sun go down on me“. Ein riesengroßer Erfolg, dem Sie im Jahr 1984 dann das Album „Human Racing“ folgen ließen. Und noch im gleichen Jahr erschien dann zudem das ebenfalls sehr erfolgreiche Album „The Riddle“. Danach aber wurde es eher still um Sie.

Ich habe mich nach diesen großen Erfolgen und zwei weiteren Alben, „Radio Musicola“ und „The Works“, 1989 schließlich zunächst aus dem aktiven Musikgeschäft zurückgezogen. Stattdessen habe ich andere Künstler produziert und für andere Musiker komponiert, unter anderem für Cliff Richard und Bonnie Tyler, aber auch für Boyzone und Chesney Hawkes.

Dem schrieben Sie seinen ebenfalls sehr erfolgreichen Song „The one and only“ und verhalfen ihm damit zu Popularität. Das Stück handelt ein bisschen auch von Ihnen selbst, Ihre eigenen Erfahrungen in der Musikbranche aber veröffentlichten Sie hauptsächlich im Jahr 2001 in ihrem Buch „Spilling the beans on making it in music“. Darin erzählen Sie humorvoll von dem Irrsinn, der Ihnen in der Branche widerfahren ist.

Das Buch habe ich bei einem Freund veröffentlicht, der eigentlich Verleger von Kinderbüchern ist. In seinem Verlagsprogramm finden sich aber auch Bücher über unterschiedliche Berufsfelder, geschrieben von einem Fußballer etwa oder von einem Anwalt. Er fragte mich, ob ich nicht auch ein Buch schreiben wolle, das Einblicke in die Musikbranche gewährt. Ich habe das als Herausforderung begriffen und meine Erfahrungen in der Branche bewusst humorvoll aufgeschrieben.

Wenn Sie heute auf Ihre Karriere in der Musikbranche blicken: überwiegen die positiven oder die negativen Eindrücke?

Ich bedauere sehr, dass ich die Zeit in der Hauptphase meines Erfolgs nicht ausreichend genießen konnte. Wenn ich heute zurückblicke, weiß ich ihn mit dem Abstand der Jahre wesentlich mehr zu schätzen. Währenddessen hat man so viel Angst, diese Popularität auch wieder verlieren zu können, dass man dieses Hochgefühl leider nicht wirklich genießen kann. Heute befinde ich mich in einer anderen Situation, und weiß um das Glück, das ich habe. Heute genieße ich jede Minute.

… und können sich glücklich schätzen, diese Schwergewichte populärer eigener Songs im Gepäck zu wissen, oder?

Es ist wunderbar, die Stücke im eigenen Repertoire zu haben, eine sehr komfortable Situation. Diese Stücke kann mir niemand mehr nehmen und zum Teil sind sie ja sogar Bestandteil im Leben anderer Menschen geworden. Nicht notwendig zu erwähnen, dass ich sehr glücklich bin, zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen zu sein, dankbar dafür, dass meine Stücke im Radio und im Fernsehen gespielt wurden. Schön, dass diese Stücke auch heute noch gerne von Menschen gehört werden.

Heute gehen Sie wieder mit Ihrer eigenen Musik auf Tour und führen bei Ihren Konzerten beides auf: Ihre alten Hits, aber auch ihre aktuellen Kompositionen. Ist das nicht trotzdem hart, von einigen Konzertbesuchern reduziert zu werden auf ausschließlich Songs der 1980er Jahre?

Es ist fast obsolet zu sagen, dass einige Konzertbesucher ausschließlich der alten Sachen wegen kommen. Aber auch ich besuche Konzerte von Bands und kann nicht verleugnen mich zu freuen, wenn sie die alten Sachen spielen. Es ist so etwas wie ein Vertrag, den man als Künstler mit dem Publikum schließt: Man spielt die alten Hits und das Publikum ist im Gegenzug so großzügig und geduldig und hört Dir auch dann zu, wenn es die neuen Stücke nicht oder nicht so gut kennt. Vielleicht auch in dem Wissen, dass es während des Konzerts hin und wieder einen der alten Hits zu hören bekommt, klar. Die Setlist ist also nicht sonderlich schwer zu schreiben: die eine Hälfte besteht aus alten Songs, die andere aus neuen.