Paralympics 2016 Im Rollstuhl in Rio auf Medaillenjagd
Sie ist 19, sie sitzt im Rollstuhl und möchte eine Medaille. Am heutigen Mittwoch starten die paralympischen Spiele für Behinderte in Rio. Mit dabei ist die Tischtennisspielerin Sandra Mikolaschek von Borussia Düsseldorf.
Wir sprachen mit ihr über ihre Paralympics-Premiere, ihre Ziele im Einzel, und Doping im Behindertensport.
Sandra, was wäre für Sie ein sportlicher Traum in Rio, was eine Enttäuschung?
Ein Traum wäre es natürlich, wenn ich eine Medaille holen würde. Ich glaube, dass es Enttäuschungen gar nicht geben wird. Auch wenn ich ein Spiel verlieren sollte, werden es ja nicht gleich schlechte Paralympics sein.
Was möchten Sie dort grundsätzlich erreichen?
Jedes Spiel, zu dem ich antrete, möchte ich natürlich gewinnen. Es ist ja meine erste Teilnahme, deswegen ist es mir besonders wichtig, Erfahrungen und Eindrücken zu sammeln. Die Gruppenspiele zu schaffen und ins Viertelfinale einzuziehen, wäre schon toll.
Es sind Ihre ersten Spiele. Sind Sie aufgeregt? Wie haben Sie sich vorbereitet?
Nervös bin ich noch nicht, das kommt vermutlich wenn ich im Flieger nach Brasilien sitze. Für die Vorbereitung schraubt man das Training ein bisschen an, aber nicht zu viel. Ich trainiere ja auch so schon täglich zwei Stunden. Für Rio trainiere ich vormittags und nachmittags.
Wie haben Sie sich qualifiziert?
Die Qualifizierungsphase lief über zwei Jahre. In dieser Zeit musste man so genannte Creditpoints über verschiedene Turniere einspielen. Pro Turnier bekommt man je nachdem 20 oder 40 Punkte. Um bei der Qualifikation Paralympics mitzumachen brauchte man 250. Und dann entscheiden die Weltranglistenplätze. Ich bin gerade auf dem fünften Platz.
Auch bei den Paralympics kommt man am Thema Doping nicht mehr vorbei. Das gesamte russische Team wurde ausgeschlossen...
Bei uns gibt es Dopingkontrollen. Man kann jederzeit unangemeldet zu einem Test aufgefordert werden. Aber in meinem Bereich Tischtennis ist Doping weniger ein Problem. Beim Ausdauer- oder Kraftsport wird eher gedopt, Tischtennis ist eine Allround-Sportart. Es kommt eher auf die Technik an. Die hat man oder nicht.
Wie sind Sie zum Tischtennis spielen gekommen?
In Wimmelburg in Sachsen-Anhalt, da wo ich eigentlich herkomme, gab es nur Fußball und Tischtennis. Ich hätte ja auch Klavier spielern lernen können, aber ich wollte unbedingt Sport machen. Und Fußball geht ja schlecht mit meiner inkompletten Querschnittslähmung. So bin ich 2007 mit zehn Jahren beim Tischtennis gelandet.
Ihr Sport ist für Sie mehr als ein Hobby. Möchten Sie Profi-Spielerin werden?
Ich spiele semiprofessionell. Nur von Tischtennis kann ich nicht leben. Es ist für mich schon irgendwie ein Hobby, aber ich ich investiere sehr viel Zeit in mein Training und fahre ja auch zu internationalen Turnieren. Beruflich möchte ich in den Bereich Recht. Ab Oktober werde Jura studieren - hier in Düsseldorf.
Wo sie bereits im Deutschen Tischtennis Zentrum (DTTZ) zu Hause sind. Wie lief das?
Über diverse Turniere habe ich mich bis ins Bundesfinale gespielt, so ist man auf mich aufmerksam geworden und bin nun hier im Internat. Ich trainiere und wohne hier und gehe hier zur Schule.
Noch mal in Richtung Rio. Werden Sie sich die Stadt anschauen?
Wir haben geplant, uns den Zuckerhut anzuschauen und Rodizio (brasilianische Spieße, die Red.) essen zu gehen. Aber die meiste Zeit sind wir mit den Paralympics beschäftigt.
2020 finden in Tokio die Paralympics statt. Haben Sie sich gedanklich schon einmal mit Japan beschäftigt?
Erstmal ist Rio dran. Aber sobald ich wieder zurück bin, starte ich mein Training für Tokio.
Fakten
- Unter einer Querschnittslähmung wird die Durchtrennung des Rückenmarks verstanden. Bei einem inkompletten Querschnitt ist das Rückenmark zu einem Teil durchtrennt.
- Manche inkomplett querschnittsgelähmten Menschen können die Beine bewegen, aber nicht fühlen. Oder sie fühlen sie, können sie aber nicht bewegen. Wenige können sogar mit Hilfe von Stöcken oder Rollatoren gehen. Die meisten sind aber auf einen Rollstuhl angewiesen.
- Sandra Mikolaschek ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Ihre Beine kann sie zum Teil spüren und etwas bewegen. Kurz nach ihrer Geburt wurde während einer Operation wegen einer eingeengten Hauptschlagader die Sauerstoffzufuhr zu lange abgeklemmt. Dabei wurden Nervenzellen beschädigt.