Stewart Copeland im Gespräch „Sting fing an, ganz anders zu singen...“
Er gelangte als Drummer der Rockband The Police zu Weltruhm. Im März 2019 kommt er nach Düsseldorf. Stewart Copeland stand dem Düsseldorfer Anzeiger in seiner Heimatstadt Los Angeles für ein Interview zur Verfügung.
Erst kürzlich wurde sein Ruf als einer der zehn besten Schlagzeuger weltweit erneut bestätigt: die Kollegen des Musikmagazins Rolling Stone räumten Stewart Copeland einen Platz in ihrer umfassenden Aufzählung der führenden Drummer der Welt ein. Zu Recht, denn nicht zuletzt sein nuanciertes Spiel sorgte für den enormen Erfolg von The Police, die mit Frontmann Sting und Gitarrist Andy Summers und Titeln wie "Roxanne", "Demolition Man" und "Every Breath you take" wahre Klassiker schuf. Der Düsseldorfer Anzeiger sprach mit Copeland anlässlich seines Konzerts am 23. März 2019 in Düsseldorf.
Mr. Copeland, Sie haben in Ihrer nunmehr über 40-Jährigen Karriere mit zahlreichen Musikern gearbeitet, darunter bereits 1977 und 1978 auch mit dem deutschen Dirigenten und Komponisten Eberhard Schoener ...
... der maßgeblich daran beteiligt war, dass wir mit The Police unseren eigenen Sound und Stil gefunden haben. Zu dieser Zeit waren wir so etwas wie eine Punkrock-Gruppe und im London dieser Zeit galten feste Regeln: kein Song über zweieinhalb Minuten, keine Liebeslieder, keine Gitarrensoli. Als wir dann nach Deutschland kamen und uns dort nicht mehr die engen und festgesteckten Londoner Musikkonventionen gefangen hielten, ermunterte Eberhard uns dazu, die Songstrukturen einfach mal aufzuweichen, auszudehnen und tiefer in musikalische Strukturen einzusteigen.
Was bedeutete das für die Band?
Wir haben uns so nicht nur als Musiker deutlich besser kennengelernt, wir haben unsere Musik auch vollkommen anders betrachtet als noch zu unserer Londoner Zeit. Außerdem entdeckten wir erst dort, wie facettenreich und famos Andys Gitarrenspiel ist und auch Sting entwickelte, eigentlich durch einen Zufall, eine völlig neue Art zu singen. Diese Art etablierte er dann schließlich auch bei The Police.
Gibt es neben Schoener weitere Musiker, die Sie darüber hinaus inspirierten?
Unbedingt. Zum Beispiel der deutsche Saxofonist Olaf Kübler, der auch auf den Platten "Flashback" und "Trans-Formation" von Schoener mitwirkte. Er ist auch einer der wenigen Gastmusiker, die später auf einer Police-Platte spielten. Aber auch die Düsseldorfer Band Kraftwerk entdeckte ich für mich kürzlich neu, genauso wie die Bands Wishbone Ash und Hawkwind.
Während der selbstverordneten Auszeit Ihrer Band änderte sich Ihr musikalisches Schaffen. Sie spielten nicht nur Soloalben, unter anderem unter Ihrem Pseudonym Klark Kent ein, Sie änderten auch Ihr musikalisches Betätigungsfeld insgesamt.
Nun, zunächst wollte ich tatsächlich eine neue, eine andere Karriere starten und nicht nur von den Tantiemen von The Police leben. Ich wurde engagiert, Filmmusik zu komponieren…
…und schufen ab 1985 über 60 Filmmusiken zu Filmen wie "Rumble Fish" von Francis Ford Coppola, "Wallstreet" von Oliver Stone und "Rapa Nui" von Kevin Costner.
Mit der Filmmusik erlernte ich eine völlig neue Technik des Komponierens. Dabei sind andere kompositorische Aspekte wichtig, als würde man als freier Künstler arbeiten. Als solcher folgt man ausschließlich seinem musikalischen Instinkt, das konzeptionelle Arbeiten für Filmmusik verlangt eine andere Ausrichtung: man komponiert Musik, die der Film braucht, folgt also einer visuellen Vorgabe. Das erfordert ein enorm großes Potenzial an klanglichen Möglichkeiten, so dass ich dabei, tatsächlich ebenfalls eher zufällig, auch lernte, mit einem Orchester zu arbeiten.
Damit erschufen Sie dann ebenfalls ein für Sie neues Betätigungsfeld.
Weil mich die Arbeit mit Orchestern so fasziniert, verlagerte ich erneut meine Tätigkeit und komponiere seither auch klassische Musik. Ich bin seither weltweit mit Orchestern unterwegs, eine für mich vollkommen neue Erfahrung. Und natürlich bringe ich in die klassische Umgebung auch immer eine Spur meiner musikalischen Vergangenheit mit. Ein spannender Austausch und fast ein kleiner Wettkampf zugleich. Jemand brachte mich dann irgendwann auf die Idee, auch etwas aus dem Bereich der von mir komponierten Popmusik mit in die klassische Musik zu übernehmen, zum Beispiel einige der alten Police-Songs. Und dennoch: Es ist nicht das bloße Spielen von Popsongs durch ein klassischen Orchester, vielmehr ist es eine orchestrale Situation, die neben klassischen Werken auch Popsongs intoniert. Aber eben mit der gigantischen klanglichen und anspruchsvollen Bandbreite, die ein solches Orchester zu bieten hat.
Und diese spannende musikalische Mischung werden die Besucher Ihres Konzerts dann auch am 23. März in Düsseldorf hören können?
Unbedingt. Gemeinsam mit insgesamt 65 Musikern werde ich die Kompositionen rein akustisch aufführen, ein vollkommen anderes Klangerlebnis, als würden nur drei Musiker mit Verstärkern spielen. Es ist, bei geringerer Lautstärke, gleichzeitig dennoch wesentlich kraftvoller. Zum Beispiel ist das Schlagwerk zwar viel leiser als bei einer Rockband und trotzdem besitzt es ein viel größeres musikalisches Vokabular. Es gibt dann Dinge, die ich in einer solchen Situation am Schlagzeug spielen kann, die in einer Rockformation nie möglich wären.
Ihr Vater, der unter anderem als Trompeter mit Glenn Miller arbeitete, brachte Sie insbesondere mit Jazz in Kontakt. Haben Sie den beim heutigen Komponieren immer noch im Kopf?
Leider mehr, als es mir lieb ist. Ich versuche stets den Jazz-Einfluss zu verdrängen, aber er kommt immer wieder hoch. Jazz macht immer mehr Spaß zu spielen, als ihn zu hören. Was ich aber sagen muss ist, dass das Jazz-Publikum ein Segen ist, ich liebe Jazz-Fans. Sie kümmern sich weniger um das Stück, als darum hören zu wollen, welche musikalischen Fähigkeiten ein Musiker besitzt. Als Rock-Schlagzeuger ist man häufig festgelegt auf eine Spielart, als Jazz-Drummer ist man völlig frei. Viele nutzen das über die Maßen. Aber wie ich bereits sagte: Jazz macht immer mehr Spaß zu spielen, als ihn zu hören.
Haben Sie Erwartungen an Ihre Tour im kommenden Jahr?
Ganz besonders an die Gegend um Düsseldorf. Dort verbrachte ich bereits 2009 einige Wochen, als ich die Musik zu dem Stück "Ben Hur live" komponierte. Leider habe ich jedoch, bis auf mein Hotelzimmer und die Arena, in der wir damals zu Gast waren, wenig von der Stadt gesehen. Nur einen Nachmittag lang bin ich mit einem ausgeliehenen Fahrrad durch Düsseldorf gefahren. Voraussichtlich werde ich aber auch 2019 leider kaum etwas sehen können, weil die Taktung der Tour sehr eng ist. Vielleicht ergibt sich aber zu einem anderen Zeitpunkt mal die Gelegenheit, die Stadt in Ruhe zu besuchen.
- Copeland, 1952 in Alexandria, Virginia, USA, geboren, gründete 1977 gemeinsam mit Sänger Sting die Band The Police. Vier der fünf Studioalben der Band belegten Platz 1 der britischen Album-Charts, ihre Musik gilt als wegweisend für die späten 1970er- und frühen 1980er-Jahre.
- Nach seiner Band-Phase komponierte er über 60 Filmmusiken sowie sieben Opern, Ballette und Symphonien.
- Das Konzert am 23. März 2019 im Düsseldorfer Stahlwerk, Ronsdorfer Straße 134, wird begleitet durch das Filmorchester Babelsberg. Das arbeitet seit Jahren mit namhaften Produktionsfirmen aus den Bereichen Film und Fernsehen sowie allen großen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendeanstalten zusammen, um Filmmusik einzuspielen.