Jan Böhmermanns "Deuscthland" im NRW Forum Der hässliche Deutsche

Bevor noch jemand die Frage stellen kann, gibt Alain Bieber die Antwort schon selber. "Das, was Jan Böhmermann macht, ist Kunst", sagt der Direktor des NRW-Forums. "Zeitgenössische Kunst. Relevante Kunst."

Foto: Philipp Kaeßbohrer

Wer die Ausstellung "Deuscthland", die der Moderator und Satiriker gemeinsam mit der Produktionsfirma Bildundtonfabrik konzipiert hat, gesehen hat, kann sich ihm nur anschließen. Mit der Schau ist den Machern ein kluges Statement zur Lage der Nation gelungen.

Es gehe um Macht, Medien und Manipulation, so Bieber, "um das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Erinnerungskultur". Bevor der Besucher allerdings das Versprochene in Augenschein nehmen kann, muss er vor dem Museum zunächst mal eine Leibesvisitation über sich ergehen lassen.

Notwendige Sicherheitsmaßnahme? Oder schon Teil der Kunst? Ganz sicher kann man bei Böhmermann da nie sein. Aber offenbar ist sein Schmähgedicht für den türkischen Staatschef Erdogan doch noch nicht überall und komplett vergessen. Im Inneren des Museums: die nächste Kontrolle. Diesmal Pass.

Deutsche links, Ausländer rechts anstellen. Hinter Glas sitzen zwei "Beamte" mit ernst-gelangweilten Minen, stellen Fragen, lassen sich Pässe zeigen, winken durch. Dann ist man drin, in "Deuscthland". "einfach mal ne grapefruit essen und aus dem fenster springen" steht da als Prolog an der Wand, "wut bis die halsschlagader puckert" und "mit rechten reden und mit dem ice ,anne frank‘ über eschede nach bergen-belsen".

Im Anschluss passiert der Besucher so unterschiedliche Exponate wie "Angela Merkels Wanderoutfit", den Hetzkeks-Automat (mit 100 Prozent echtem Hass!) oder den Themenpark "Historisches Deutschland" nebst Messestand, Image-Film und Modell.

Unter dem Titel "Deutschlandfahne auf Sessel" ist ein Sitzmöbel aus der Polit-Talkshow "Günther Jauch" ausgestellt. Dort war im Oktober 2015 der AfDler Björn Höcke zu Gast und hängte eine schwarz-rot-goldene Fahne über seine Stuhllehne, um "zu zeigen, dass die AfD die Stimme des Volkes spricht". Das Exponat ist ein gutes Beispiel dafür, wie Böhmermann und Co. die Wirklichkeit für sich arbeiten lassen. Sie gibt die Steilvorlage. Die Ausstellungsmacher müssen lediglich noch den Kopf hinhalten und vollenden.

Das gelingt ihnen bei "Deuscthland" mit Bravour ein ums andere Mal. Und so ist die Ausstellung im NRW-Forum ein gutes Beispiel für Kunst, die berührt. "Deuscthland" ist politisch, ohne den Zeigefinger zu erheben. Unterhaltsam, ohne platt zu sein. In einer Zeit, in der Rechtspopulisten in Deutschland und Europa immer mehr an Boden gewinnen, braucht es Kunst wie diese. Und es braucht Leute wie Böhmermann. Die sich nicht einschüchtern lassen. Die den Finger in die Wunde legen. Die den Menschen den Spiegel vorhalten.

Wem das nicht gefällt, der kann sich übrigens gleich vor Ort beschweren. Fernmündlich, natürlich. Die Arbeit "Deuscthland-Feedbackhotline" besteht aus drei Telefonen (eins davon das obligatorisch defekte), von denen aus man eine Kölner Festnetznummer anwählen kann. Am anderen Ende der Leitung begrüßt einen natürlich kein Mensch. Sondern eine Maschine. Sie sagt: "Wenn Sie sich über ein Exponat beschweren möchten, wählen sie bitte die eins."

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