Wird Zeit Raqs Media Collective im K21

Es hat eine Weile gedauert, bis sie es in ein europäisches Museum geschafft haben. 26 Jahre, um genau zu sein! 1992 gegründet, ist das Werk der indischen Künstlergruppe Raqs Media Collective nun erstmals in einer Museumspräsentation in Europa zu sehen.

Strikes at Time, 2011, Video-Installation (Diptychon, mit Sound), 18’32 (Loop)

Foto: Foto: © Raqs Media Collective © Kunstsammlung NRW

Die Schau im K21 läuft noch bis zum 12. August.

Gegründet wurde Raqs Media Collective 1992 in Neu-Delhi. Von dort aus nehmen sie bis heute soziale und politische Bedingungen im globalen Kontext in den Blick. Mit Ausstellungen in den USA, Europa und Asien sind Jeebesh Bagchi (*1966), Monica Narula (*1969) und Shuddhabrata Sengupta (*1968), alle drei ehemalige Dokumentarfilmer, auf der internationalen Bühne aktiv. Gleichzeitig engagieren sie sich aber auch in den kulturellen und politischen Zusammenhängen Indiens. Ihre hybride Praxis ist poetisch und analytisch zugleich, bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Tradition, Philosophie und Politik. Nicht selten arbeiten sie mit Experten anderer Disziplinen wie Architekten oder Programmierern zusammen.

Ausgangspunkt der Düsseldorfer Ausstellung ist die andauernde Faszination für das Phänomen Zeit, ein Thema, das die drei Künstler bereits seit den Anfängen der Gruppe umtreibt. In einigen der etwa 25 Arbeiten spekulieren Raqs: Was ist Zeit? Was bedeutet es, Zeit zu messen? Und in welcher Beziehung steht Zeit zur Geschichte? Dem Besucher werden dabei verschiedene Dimensionen von Zeit vor Augen geführt — von einem kurzen Herzschlag oder einer Atempause über historische Episoden bis hin zur nicht fassbaren Unendlichkeit. Die drei Künstler regen dazu an, gängige Vorstellungen von Zeit, ihre disziplinierende Funktion im Alltag und ihre grundlegende Rolle bei der kapitalistischen Organisation von Arbeit neu zu hinterfragen. Das tun sie mit völlig unterschiedlichen Arbeiten, von denen manche blubbern, andere pluckern oder wieder andere blinken.
Da ist zum Beispiel "Escapement" (2009), eine Installation aus 27 Uhren, auf Zeitzonen realer Städte wie Ramallah, Mogadischu oder Brüssel, die — mit rückwärts laufenden Zeigern — auf die Zeit des Spiels und der Imagination an drei mythischen Orten verweist. Anstelle der Ziffern prangen auf den Uhren Wörter, die emotionale Zustände beschreiben und von Raum und Zeit unabhängig sind. "guilt" (Schuld) ist da zu lesen, "duty" (Pflicht), "panic" (Panik) oder "awe" (Ehrfurcht).

Die Fotoarbeit "More Salt in Your Tears" zeigt den gleichnamigen Satz, der in großen Lettern über dem Wasser den Schiffsverkehr zwischen Finnland und Schweden grüßt. Mit der Arbeit reflektieren die Künstler die Versalzungsgefahr des ökologisch sensiblen Brackwassers der Ostsee im Zuge des Klimawandels. Um derlei Hintergrundinformationen zu bekommen, sollten Besucher den kostenlosen Kurzführer zurate ziehen. Ohne seine Unterstützung bleibt vieles rätselhaft. Allein der Sprachwitz erschließt sich denen, die des Englischen mächtig sind, auch so. Als wesentliches künstlerisches Material und Medium dient Raqs nämlich die Sprache: Mal sind es Wortspiele, mal eigene Wortschöpfungen, die sie in Werktitel integrieren und in Texten verweben. Aus dem mittels Glühbirnen "geschriebenen" Wort "Revoltage" (Revolte) wird durch das Nicht-Aufblinken zweier Buchstaben "Voltage" (Stromspannung). Aus "Lost in Search of Time" wird "Lost Time". Das Spiel mit Sprache macht es den Künstlern so möglich, verschiedenste Lesarten zuzulassen, längst besetzt geglaubte Begriffe und Konzepte aufzubrechen und lineare Erzählungen zu untergraben.

bis 12.8., K21 Ständehaus, Ständehausstr. 1, Düsseldorf, Di-Fr 10—18, Sa, So & an Feiertagen 11—18, jeden 1. Mi im Monat 10—22 Uhr

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