Campino & Co. Das Buch „Keine Atempause“
Rund anderthalb Jahre haben sie an dem Buch gearbeitet. Nun ist "Keine Atempause: Musik aus Düsseldorf" fertig. Geschrieben haben es die Journalisten Sven-André Dreyer und Michael Wenzel. Alexandra Wehrmann sprach mit den Autoren.
Mit der Düsseldorfer Musikszene haben sich ja schon mehrere Bücher beschäftigt. 2001 erschien Jürgen Teipels "Verschwende deine Jugend", 2014 Rüdiger Eschs "Electri_City". Was unterscheidet Ihr Buch von diesen beiden?
Michael Wenzel: Für uns stand von vorneherein fest, dass "Keine Atempause" den literarischen Brückenschlag über die Mitte der 1980er Jahre in die Gegenwart vollziehen sollte. Deshalb porträtierten wir Orte, die auf den Ratinger Hof als Keimzelle folgten, wie zum Beispiel den Unique Club und den Salon des Amateurs und trafen populäre Protagonisten der aktuellen Szene wie Broilers und Stabil Elite.
Sven-André Dreyer: Zudem nähern wir uns dem Thema, den Menschen und Orten innerhalb des Buches nicht nur textlich, sondern auch visuell. Nicht nur mit historischen Fotografien und Dokumenten stellen wir das Gestern dar: Der Fotograf Thomas Stelzmann traf unsere Gesprächspartner im Hier und Jetzt und macht damit eben auch die ganz persönlichen Entwicklungen der Menschen deutlich. Das ist mitunter sehr berührend.
Wenn man von der Düsseldorfer Musikszene spricht, fallen meist zwei Namen: Kraftwerk und Die Toten Hosen. Welche Rolle nehmen diese beiden Bands in Ihrem Buch ein?
Dreyer: Die Erstgenannten eine verschwindend geringe, denn eine interne Quelle der aktuellen Geschehnisse rund um die Band wäre natürlich auch für uns nicht zu sprechen gewesen, hätten wir sie denn überhaupt angefragt. Andreas "Campino" Frege mit seinen Bands ZK und Die Toten Hosen hingegen spielt tatsächlich eine zentrale Rolle. Nicht nur, weil er mit seinen Bands recht früh das musikalische Geschehen der Stadt maßgeblich mitgestaltete und bis heute prägt, sondern auch, weil sich Andreas sehr viel Zeit für uns genommen hat.
In Düsseldorf gibt es seit den 1960er Jahren eine enge Verbindung zwischen Musik, Clubszene und Bildender Kunst. Inwiefern greifen Sie das im Buch auf?
Wenzel: Die Kunst schwingt ja immer mit, alleine durch die Strahlkraft der Kunstakademie. Entsprechend hat die Kunstszene im "Hof" ein eigenes Kapitel enthalten. Was wir zeigen, ist, dass Musikorte Kreative unterschiedlichster Disziplinen anziehen, die dann gemeinsam Neues schaffen und ihre Zeit prägen wie es zum Beispiel im Unique Club der Fall war.
Dreyer: Interessant ist überdies, wie sehr die heimischen Künstler auch das internationale Umfeld beeinflusst haben und mitunter bis heute beeinflussen. Es existieren enge Verbindungen bildender Künstler und ihren musikschaffenden Kollegen aus Düsseldorf in die internationale Kunst- und Musikszene. Und das kann man immer wieder als Zitat der Düsseldorfer Szene auch in der aktuellen Kunst- und Musikwelt erleben.
Der Ratinger Hof, so heißt es im Vorwort des Buchs, leistet einen wesentlichen Beitrag zur musikalischen DNA der Stadt. Der Laden bot seinerzeit genau die Freiräume zum Experimentieren, die heute mehr und mehr verloren zu gehen scheinen. Wie kann man das verhindern?
Wenzel: Zwischennutzungsprojekte wie postPost Grand Central zeigen einen Weg auf, was möglich sein kann. Düsseldorf ist so übersichtlich, dass die richtigen Leute mit den richtigen Ideen zur richtigen Zeit zusammenkommen. Hier findet Kultur immer einen Weg.
Dreyer: Wie immer gilt aber auch hier: selber machen. Ich habe in den Gesprächen mit den Vertretern der Zeit des Ratinger Hofs einmal mehr erlebt, wie wichtig es den Protagonisten war und ist, ihren eigenen Ausdruck ohne Schablone und Matrize transportieren zu können. Carmen Knoebel hat dafür einst eine Plattform geboten. Dafür braucht es allerdings immer auch Menschen, die nicht darauf warten, eine Einladung zu erhalten, sondern proaktiv loslegen.