Kunst am Kastanienbaum

Die jüngsten Herbststürme gaben ihr den Rest. Nachdem die uralte Kastanie in der Himmelgeister Jücht Mitte November einen acht Meter langen, starken Ast verlor, muss sie jetzt fallen - aber nicht ganz!

Ein Baum stirbt - und soll als Skulptur in der Erinnerung der Düsseldorfer weiterleben. Die über 200 Jahre alte Himmelgeister Kastanie wird ein Kunstwerk und Denkmal.

Foto: SP

Die jüngsten Herbststürme gaben ihr den Rest. Nachdem die uralte Kastanie in der Himmelgeister Jücht Mitte November einen acht Meter langen, starken Ast verlor, muss sie jetzt fallen - aber nicht ganz!

„Der Astbruch war ein Signal! Wir müssen die Sicherheit der Spaziergänger gewährleisten, weshalb der Baum jetzt abgetragen wird“, sagt Gartenamtsleiterin Doris Törkel vor dem kahlen Geäst des über 200 Jahre alten Rekordgewächses, dass in den vergangenen beiden Jahren immer mehr Anzeichen steigender Gebrechlichkeit offenbarte

Doch alleine die Tatsache, dass die Stadt eine Pressekonferenz anlässlich des unvermeidbaren Sterbens einer Rosskastanie gibt, zeigt, dass mit einer schnöden Fällung der Riesin nicht zu rechnen ist. „Ein 10-cm-Stumpf über dem Boden wie sonst schien uns hier nicht angemessen“, so Törkel.

Wie begegnet man also dem Dahinsiechen eines behördlich ausgewiesenen Naturdenkmals? Mit Kunst! Und dabei kurioserweise mit der Säge! Nach dem unvermeidlichen Abschneiden der Äste (siehe Kasten) soll der Stumpf des Baumes ein Denkmal werden. Eine Skulptur. Ein „Baumgeist“.

Damit sind wir bei Andreas Vogt vom Freundeskreis der Himmelgeister Kastanie. Der hatte mit Mitstreitern die bereits 2006 schon einmal im Visier der Axt befindliche „alte Dame“ gerettet, aufgepäppelt und zahlreiche Benefiz- und Schulaktionen initiiert. Hier entstand auch die Figur des „Baumgeistes“.

Jetzt gibt Vogt zu „dass das heute für uns kein leichter Tag ist“. Er freut sich aber auch über den Kompromiss, der im Austausch mit ihm und seinem Team, der Stadt und dem Vertreter der Grundstücksbesitzer, Dr. Herrmann Graf Nesselrode, gefunden wurde. Nesselrode ist für die Arenberg-Schleiden GmbH vor Ort. Der Herzog von Arenberg gelangte 1835 in den Besitz dieses Landstrichs. Damals hatte die Kastanie vermutlich gerade das Teenager-Alter erreicht.

Lang ist’s her, jetzt sorgt der Holzbildhauer Jörg Bäßler, der in Düsseldorf bereits Holzfiguren im Wildpark und auf zahlreichen Waldspielplätzen gefertigt hat, für ihr Vermächtnis. Er soll eine rund drei bis vier Meter hohe „Baumgeist“-Skulptur schnitzen (siehe Kasten). Wenn denn der Stamm die Substanz noch hergibt (Törkel: „Wir wissen noch nicht, wie es im Innern aussieht“), soll die „Kunst am Baum“ für zunächst vertraglich mit den Besitzen vereinbarte zehn Jahre an den Methusalem im Jüchtgebiet erinnern.

Dann wird die gegenüber vor acht Jahren eingepflanzte junge Kastanie der Pubertät entwachsen sein - und sich auf den langen Weg machen, vielleicht ebenfalls einmal ein Baum-Denkmal zu werden.

(City Anzeigenblatt Duesseldorf)