Wie die Industrie digitaler wird
Ein Mini-Computer-Display, nur Zentimeter vorm Auge, die Google-Glass-Brille, mit der man fehlerhafte Walzstahl Coils identifizieren kann - dieses Szenario ist so eine Geschichte, die Franz Nawrath erzählt, wenn er von Industrie 4.0 redet, von Industrie, die digitaler wird.
Der Gerresheimer Franz Nawrath verkauft Stahl- und Walzwerken Software zur Planung und Steuerung ihrer Produktionsprozesse. Bei der Messe „metec“ an der Stockumer Kirchstraße erklärt er einem Mann im grauen Anzug die neue Industriewelt. Sein Arbeitgeber, der Konzern PSI, entwickelt die Lenkungsprogramme gerade auch für große Energieversorger wie Eon und RWE. „Die Software der Leitwarte der Stadtwerke ist zum Beispiel auch von uns.“
Auch bei der Stahlerzeugung spielt der Energieverbrauch eine entscheidende Rolle. Dynamische Mengen zu errechnen und die Kontingente gemäß der abgeschlossenen Verträge preisgünstig abzurufen - so etwas müssen Programm heutzutage leisten. Darüber hinaus erlauben Datenbanksysteme, alle Informationen zu sammeln, vom Zeitpunkt der flüssigen Schmelze an über den gegossenen Stahlblock bis zum Walzblech. Und nicht nur zu sammeln, sondern in Beziehung zu setzen zum Beispielen zu den Aufträgen, die man hat. „Toleranzen werden erfasst und ich kann sagen, diesen Stahl kann ich für diesen Auftrag verwenden und für diesen aber nicht.“ Teure Fehlschritte lassen sich so vermeiden. Und diese Dokumentation umfangreicher Qualitätsmerkmale und Ergebnisse der Produktionsprozesse hat auch etwas mit Verantwortlichkeit und Haftung zu tun. „Hersteller wie Airbus müssen solche Informationen circa 70 Jahre vorhalten.“ Während der Erklärungen füllt sich der Stand. Ein Manager vom Salzgitter-Konzern erscheint, einer der größten Kunden von PSI. , da muss auch Franz Nawrath mal das Gespräch unterbrechen und Grauer Anzug stehen lassen. Der beobachtet in der Zwischenzeit, wie Messebesuchern der Mund offen stehen bleibt, weil junge Leute von Ubimax an der anderen Seite des Stands vorführen, wie man durch eine Brille guckt, die eigentlich ein Computer ist: Google Glass.
Mit ihr könnte ein Kontrolleur im Lager Bestände sehr leicht finden und ihre Qualität überprüfen und seine Erkenntnis zurück in die Datenbank spielen.
Da ist es nicht weit zum „Internet der Dinge“, z.B. einer Produktionseinheit, die selbstständig erkennt, wann ein bestimmtes Verschleißteil erneuert werden muss.
Spannende Entwicklungen, die doch junge Leute auf den Ingenieurs-Job fliegen lassen sollte. „Ja“, sagt Franz Nawrath, „aber eine gewisse Mathematik-Feindlichkeit ist im Land immer noch zu spüren.“ Er kann dazu nur feststellen: „Mit dem erfolgreichen Abschluss eines Ingenieurstudiums, zum Beispiel im Eisenhüttenwesen, können Absolventen schnell und gut Karriere machen und in diesem Bereich zügig ins mittlere und obere Management gelangen.“