Gibt die Stadt Cannabis frei?
Der Besitz und der Konsum von Cannabis sind in Deutschland illegal. Bislang einzige Ausnahme: Schmerzpatienten, die es auf Rezept in der Apotheke erhalten. In Düsseldorf würde man - darin sind sich SPD, FDP, Grüne und Linke einig - gerne andere Wege gehen.
Im Düsseldorfer Rathaus fand jetzt die "Fachtagung Cannabis" statt. Thema: Der gesundheitspolitische Spielraum von Kommunen. Teilnehmer: Mediziner unterschiedlicher Fachbereiche, Wirtschafts-Experten und die ehemalige Polizeioberkommissarin Irene Mihalic.
Gesundheits-Dezernent Prof. Dr. Andreas Meyer-Falcke ist bei der ganzen Diskussion ein Aspekt immer wieder wichtig: "Es geht im höchsten Maße um Prävention!" Das Verbot kann die Stadt Düsseldorf ohnehin nicht einfach umgehen. "Das ist Bundesrecht", so der Beigeordnete. Der medizinische Nutzen der Droge, der sei allerdings völlig unstrittig.
Meyer-Falcke verweist außerdem auf einen ökonomischen Aspekt, der in der Fachtagung thematisiert wurde. "Allein für erfolglose Ermittlungsverfahren werden jährlich in Deutschland vier Milliarden Euro ausgegeben." Würde nur ein Bruchteil dieser Summe für die Prävention ausgegeben werden können - da ist sich der Mediziner Meyer-Falcke sicher - könne viel mehr bewegt werden.
Wichtig sei nun die "breite Diskussion". Das erklärte Ziel für Düsseldorf: Die Ausnahmegenehmigung für einen wissenschaftlich kontrollierten Modellversuch.
"Zwei Gruppen würden sich im direkten Vergleich gegenüber stehen, um zu ermitteln: ist die legale Abgabe von Cannabis gesundheitsschädlich." Die wissenschaftliche Begleitung würde die Heinrich Heine-Universität Düsseldorf übernehmen. Die Chance für die Genehmigung einer solchen Studie sieht Meyer-Falcke bei 50:50.
Bei allem Für und Wider: Für Meyer-Falcke ist das stärkste Argument die Vorbeugung. "Mit der legalen Abgabe von Cannabis können wir wesentlich stärker auf Aufklärung, Prävention und Hilfe setzen!" Das sieht auch Irene Mihalic, ehemalige Polizeioberkommissarin und Mitglied des Bundestages für die Grünen ähnlich: "Das gesundheitliche Risiko für Drogenkonsumenten beruht weniger auf den Wirkstoffen der Droge, sondern ist direkte Folge eines großen und vollumfänglich zur Verfügung stehenden kriminellen Marktes. Kriminelle Märkte kennen weder einen Jugendschutz noch eine Produktkontrolle."
Während sich die Parteien der Ampel-Koalition im Düsseldorfer Rathaus dabei einig sind, die Studie auf den Weg zu bringen, kommt heftiger Protest von der CDU. Olaf Lehne, Vorsitzender im Gesundheitsausschuss: "Als CDU stehen wir für ein suchtfreies Leben. Wir sind gegen die Abgabe von Cannabis als Genussmittel." Und er malt ein wahres Horror-Szenario: "Düsseldorf wird dadurch Anziehungspunkt für den Drogentourismus. Die Konsumenten der Region erledigen demnächst ihre Marihuana- und Haschischeinkäufe nicht mehr in den Niederlanden, sondern bequem in Düsseldorf."
Die Ergebnisse der Fachtagung im Rathaus werden nun zusammengefasst und von der Politik diskutiert. Die Studie unter Federführung von Prof. Dr. med. Georg Pongratz von der Heinrich-Heine-Universität muss zudem ausgearbeitet werden und könnte dann im Sommer nächsten Jahres auf den Weg gebracht werden.