Geißbocktreue: Sandra Köhler ist FC-Fan
Es muss nicht immer Fußball sein! In unserer Serie "Mein Verein" stellen wir Düsseldorfer und die Clubs ihres Herzens vor. Heute: Sandra Köhler, 46, Oberstudienrätin aus Wersten.
Wie wird man als Düsseldorferin Fan des 1. FC Köln?
Wenn ich Düsseldorferin wäre, könnte man vermutlich an meiner Erziehung zweifeln. Ich muss alle beruhigen, gebürtig komme ich nicht aus Düsseldorf. Vor 20 Jahren gab es Überlegungen, wie ich meine Leidenschaft, den 1. FC Köln, und mein berufliches Leben trennen kann. Die Optionen waren Leverkusen oder Düsseldorf. Da fiel die Entscheidung leicht und zu Gunsten der "verbotenen Stadt" aus.
Das allererste Spiel, das Sie im Stadion erlebt haben?
Als Teenager. Am Niederrhein aufgewachsen und umzingelt von Schalkern und Gladbachern haben mich in der Saison 1987/88 Freunde mit zum Bökelberg genommen, in die Heimkurve! Der FC hat 1:0 gewonnen und ich durfte mich nur innerlich freuen.
Wann waren Sie das letzte Mal im Stadion?
Am 7. März zu Hause gegen Mainz. Leider hat der FC emotionslos 1:1 gespielt und so den Weg in die 2. Liga geebnet.
Sind Sie Mitglied eines Fan-Clubs?
Ich war mal Mitglied im MoBB, was auch eine schöne Zeit war. Allerdings ist Vereinsmeierei nichts für mich. Jetzt treffe ich mich zu den Spielen mit meinen Freunden der "Bunten Mischung Deutschland" — das ist ein lockerer Zusammenschluss von Fans zwischen Elmshorn und Weil am Rhein, der seit 20 Jahren besteht — am Kölner HBF und dann ziehen wir weiter in unsere Stammkneipe.
Finden Sie den Preis für die Eintrittskarten angemessen?
Meine Stehplatz-Dauerkarte ist mit 150 Euro spottbillig, da auch noch die Anfahrt am Spieltag inklusive ist. Auswärts und bei Sitzplätzen sieht das ganz anders aus. Allerdings war ich in London mehr als überrascht. 17 Pfund empfand ich bei den sonst üblichen englischen Ticketpreisen als unfassbar billig. Am Vortag wurden für Tottenham gegen Dortmund 45 Pfund aufgerufen. Vermutlich will uns international niemand sehen. Wird ja auch so schnell nicht mehr passieren.
Wie agieren Sie als Fan im Stadion?
Ganz ehrlich, es hängt tatsächlich davon ab, wie meine Woche war. Meist kriegt es aber der Schiri oder mein "Lieblingsspieler" ab, selbst wenn er gut spielt. Ist quasi ein running gag. Grundsätzlich bin ich aufgrund des Alters mittlerweile eher ruhig oder supporte einfach nur. Obwohl mich der Videoassistent diese Saison schon ein bisschen an den Rand des Wahnsinns gebracht hat.
Tragen Sie Fan-Utensilien wie Schal, Mütze oder Trikot?
Früher immer! In der vergangenen Saison habe ich dann endlich mal ein Trikot erstehen können, das mir gefällt. Mein anthrazitfarbenes Leibchen trage ich jetzt wieder mit Begeisterung, obwohl REWE draufsteht.
Zelebrieren Sie Spieltag-Rituale? Immer mit dem linken Bein zuerst aufstehen? Immer den gleichen Pulli tragen? Immer vor dem Spiel eine Wurst essen, so Sachen?
Ich trinke nie Kaffee aus meiner FC-Tasse. Ansonsten wasche ich Trikots und Schals erst bei Niederlagen, deshalb dufte ich diese Saison immer besonders gut…
Ihr Lieblingsspieler aller Zeiten beim FC?
Matthias Scherz. Er ist so herrlich verpeilt und einfach ein völlig netter, bodenständiger Typ.
Was schätzen Sie an ihm?
Dass er bei Hamburger Wetter zu Höchstform auflief.
Das schönste Tor, das der FC jemals schoss?
Darf ich drei? Erstens: Saison1999/ 2000: Das 3:4 in Hannover durch Voigt. An dem Tag konnte der FC den vorzeitigen Wiederaufstieg in die erste Liga klarmachen und lag schon 3:0 zurück. Das Spiel endete 3:5. Zweitens: Das allererste Bundesligator von Thomas Cichon, das 2002 das Ende der 1033-minütigen Torlosigkeit bedeutete. Drittens: Vergangenes Jahr in London das 1:0 gegen Arsenal durch Jhon Cordoba. Eine Halbzeit haben wir uns gefühlt wie Weltmeister.
Der größte Erfolg?
Vor meiner Zeit deutsche Meisterschaften und DFB-Pokalsiege. Für mich persönlich der Einzug nach Europa im letzten Jahr. Die Auswärtsfahrt nach London war der Hammer!
Die bitterste Niederlage?
Puh, die Niederlage gegen Mainz diese Saison aufgrund des blinden Videoschiris und ansonsten wahrscheinlich irgendwann mal in der Nachspielzeit gegen Gladbach verloren zu haben.
Haben Sie Spieler vom FC persönlich kennengelernt?
In der allerersten Zweitligasaison haben wir viel mit FC-Spielern gefeiert. Damals hat mir Alexander Bade gefallen, ein ruhiger, intelligenter Zeitgenosse. Na ja, und Scherzi eben.
Ihre Prognose: Auf welchem Tabellenplatz beendet der FC die Saison 2017/18?
Bis vergangene Woche hoffte ich auf den Relegationsplatz, jetzt bleibt der Wunsch vor dem HSV zu bleiben.
Wir sehr vermissen Sie Peter Stöger?
Auch wieder so ein emotionales Thema. Schmadtke und Stöger haben dem FC etwas gegeben, das ich in meiner langen Fan-Karriere bis dato nicht erleben durfte. Ruhe, wenig Klüngel und wenig Karneval. Um ehrlich zu sein, meinetwegen hätte das ewig so bleiben können und er wäre der König Otto von Köln geworden. Bei Misserfolg ist so was aber eben nicht möglich.