Interview „Das Medienhaus ist ein Quantensprung“
Yvonne Hofer (Düsseldorfer Anzeiger), Uwe-Jens Ruhnau (Rheinische Post) und Christian Zeelen (Antenne Düsseldorf/center.tv) erläutern, wie die Idee zum Medienhaus Düsseldorf entstand, wie sie in der Praxis gelebt wird — und warum ein Esstisch das zweitwichtigste Möbelstück ist.
Welcher Gedanke liegt dem Medienhaus Düsseldorf zugrunde?
Uwe-Jens Ruhnau: Die Rheinische Post Mediengruppe war an vielen Orten in der Stadt aktiv, hat ihre Aktivitäten aber parallel betrieben. Die Hauptaufgabe von uns allen ist es, die Bürger zu informieren, aber wenn wir es richtig angehen, können wir gemeinsam mehr erreichen. Nehmen wir zum Beispiel den Orkan "Ela", der unser erstes Gemeinschaftsprojekt ausgelöst hat. Da gab es ein sehr großes Maß an Betroffenheit in der Bevölkerung. Wir haben die Bürger über alle Medien über diese große Lage informiert und zugleich etwas für diese Stadt bewegt.
Yvonne Hofer: Wir haben für jede Affinität — Zeitung, Internet, Radio und Fernsehen — ein Angebot und versorgen so eine ganz breite Öffentlichkeit in Düsseldorf. Da, wo es für die Leser, Hörer und Zuschauer Sinn macht, arbeiten wir auch einmal zusammen.
Christian Zeelen: Eben das ist Teil unserer Vision: Alle Marken bleiben eigenständig und sind gerade dadurch starke Marken.
Wie zeigen sich die diese beiden Schwerpunkte, die Sie genannt haben, in der Praxis?
Hofer: Das beste Beispiel war zuletzt der Karneval. Das ist ein großes Thema, das sehr viele Menschen in der Stadt bewegt. Wir haben es mit ganz unterschiedlichen Inhalten dargestellt, jeder auf seine Art, und zusammen eine große Präsenz für ein großes Thema erreicht, Höhepunkt waren Schwerpunktausgaben von RP und Düsseldorfer Anzeiger am Samstag vor Altweiber.
Zeelen: Der RP-Talk bei center.tv ist ein Beispiel dafür, wo es sinnvolle Berührungspunkte gibt. Ein Thema, das am nächsten Tag in der Rheinischen Post oder auf RP Online eine große Rolle spielt, ist Gegenstand eines Interviews mit einem Redakteur im Fernsehen.
Ruhnau: Es ist höchst spannend, wie und in welcher Breite Themen dargeboten werden können. Als Doppelseite mit großer Grafik in der Zeitung, als Feature im Radio, als Reportage im Fernsehen. Da gibt es dann Information und Unterhaltung, Service und Veranstaltungen für die Leser, Hörer und Zuschauer.
Hofer: Letztlich sind wir so etwas wie eine Familie. Jeder hat seine Stärken und da, wo einer alleine etwas nicht schafft, hilft man sich.
Welche Vorbilder gab es für das Medienhaus?
Zeelen: Ehrlich gesagt: keines. Wir haben uns die Zusammenarbeit in anderen Verlagshäusern angeschaut und immer wieder festgestellt, dass die Medien keine Berührungspunkte haben. Sie sitzen in unterschiedlichen Etagen oder Gebäuden.
Hofer: Eben das wollten wir anders machen. Wir haben hier einen raffinierten Grundriss. Jede Redaktion hat ihren eigenen Ort auf der Etage, diese sind aber so geschickt miteinander verbunden, dass das Ganze organisch wirkt und ein ständiger Kontakt zwischen den Kollegen möglich ist.
Ruhnau: Es gibt hier keine erzwungenen Begegnungen, sondern das Medienhaus kann in Ruhe wachsen. Für uns als Redaktionsleiter ist es schön zu sehen, wie sich ein Netz entwickelt, wie die Kollegen sich austauschen und dass die Teeküche schon zum beliebtesten Ort im Medienhaus geworden ist.
Zeelen: Man kann solch einen Austausch planen, viel wichtiger ist aber, dass sich das von selbst findet. So entsteht Kreativität, das können wir als Chefs nicht verordnen.
Ruhnau: Und auch wir entdecken dabei die Stärken der jeweils anderen im Detail, entwickeln ein neues Verständnis für die Medien und damit für die Möglichkeiten.
Warum haben Sie sich für die Schadow Arkaden als Standort entschieden?
Hofer: Für uns hieß das: Back to the roots. Hier haben wir vor 20 Jahren angefangen und hierher kehren wir nun nach einigen anderen Standorten wieder zurück. Für uns bedeutet das einen Quantensprung. Es ist toll, wieder in der City zu sein.
Zeelen: Für Antenne Düsseldorf ist es der zweite Umzug, nachdem wir in den 90er Jahren in den Hafen gezogen waren. Eine Schwierigkeit hat uns der Umzug bereitet, wir mussten uns bei der Ansage des Wetters daran gewöhnen, nicht mehr zu sagen ,Die aktuelle Temperatur im Medienhafen beträgt...'. Ansonsten aber haben wir nur tolles Feedback erhalten, dass wir wieder da sind, wo die Musik in Düsseldorf spielt, dass wir kurze Wege zu vielen wichtigen Orten in der Stadt haben.
Wieso gibt es im Medienhaus gleich zwei Printmedien, wo es doch immer heißt, dass sich diese in der Krise befinden?
Ruhnau: Wir sind der festen Überzeugung, dass Printprodukte auch weiterhin erfolgreich sein werden. Das ist eine Frage der Haptik und der Darstellungsmöglichkeiten. Unsere Online-Medien sind eine tolle Möglichkeit, ganz schnell über alle wichtigen Entwicklungen in der Stadt informiert zu werden. In der Zeitung werden die Themen dann in der Tiefe behandelt.
Zeelen: Das ist bei Antenne Düsseldorf und center.tv ganz genauso. Unsere Internetseiten sind eine sinnvolle Ergänzung unseres Programms.
Hofer: Online ist auch durch die Nutzung der Sozialen Netzwerke ein Plus für unsere Leser.
Welche Neuerungen hat die Gründung des Medienhauses für center.tv mit sich gebracht?
Zeelen: Wir haben ein neues Studio gebaut, das wir vielseitiger nutzen können als unser altes. Das macht unsere Sendungen lockerer. Außerdem werden jetzt alle Produktionsabläufe in HD aufgenommen. Auch wenn das Bild anschließend nur in SD bei den Zuschauern ankommt, ist die Bildqualität deutlich besser.
Ruhnau: Und an einem Ort kann man ja auch das HD-Bild sehen.
Zeelen: Stimmt. Hier in den Schadow Arkaden gibt es einen Schirm, auf den wir das Originalbild aus unserer Regie senden.
Sie haben vorhin schon angesprochen, dass die Teeküche einer der wichtigsten Ort im Medienhaus ist. Warum?
Hofer: Zunächst einmal hat das ganz praktische Gründe. Jeder muss mal dorthin, um sich einen Kaffee zu holen oder einen Apfel zu waschen. So trifft man sich, so lernt man sich kennen.
Zeelen: Und wie in jeder guten Wohngemeinschaft bringt jeder etwas Nützliches mit. In unserem Fall war das der alte Konferenztisch von center.tv, der jetzt als Esstisch in der Küche steht.
Hofer: Und genau das haben wir gebraucht: einen großen Tisch mit vielen Stühlen, wo ungezwungen gegessen und gesprochen werden kann.
Ruhnau: Nach dem Newsdesk ist das unser zweitwichtigstes Möbelstück.
Was ist als nächstes aus dem Medienhaus zu erwarten?
Zeelen: Ich kann mir vorstellen, dass wir die Schwerpunkte, die wir im RP-Talk setzen, auch in einer Themenwoche setzen können, die jedes Medium für sich gestaltet.
Ruhnau: Wir sind noch am Anfang, merken aber schon, wie klasse das Ganze dank der Nähe und der Kommunikation funktioniert. Man kann also mit Sicherheit sagen: Wir haben noch einiges in petto.