Brainhacking Autorin Miriam Meckel im Central
Stadtmitte · Die Inhalte von Miriam Meckels neuem Buch klingen schwer nach "Brave New World". Als sei ein Science-Fiction-Autor übers Ziel hinaus geschossen. Dabei ist "Mein Kopf gehört mir" (Piper) ein Sachbuch.
In dem Werk geht es um die Selbstoptimierung des Gehirns. Darum, ob die Gedanken auch in Zukunft noch so frei sein werden, wie einst besungen. Miriam Meckel ist eine Grenzgängerin zwischen Wissenschaft und Praxis. Seit Jahren beobachtet die Düsseldorferin, wie neue Technologien und das Internet unser Leben verändern. Ihre Bücher "Das Glück der Unerreichbarkeit" und "Brief an mein Leben" fanden zahlreiche Leser.
Für ihr jüngstes Werk hat die Herausgeberin der Wirtschaftswoche und Professorin für Kommunikationsmanagement zahlreiche Selbstversuche unternommen. In einer Talkshow erzählte Meckel jüngst von einem Gerät, das sie getestet hat und das bis vor kurzem in den USA frei verkäuflich war. Über zwei Elektroden, die am Kopf befestigt werden, kann man sich via Smartphone damit Strom ins Gehirn leiten und es auf diese Weise beruhigen oder anregen. Meckel entschied sich für die anregende Variante — und machte eine beängstigende Erfahrung. Sie konnte 36 Stunden weder schlafen noch essen. "Ich fühlte mich wie nach 50 Tassen Kaffee", so Meckel. Übergeben musste sie sich auch. Eine Konferenz, die sie eigentlich besuchen wollte, cancelte sie kurzerhand.
Die Vorstellung, dass der Mensch sein Gehirn optimieren könnte, empfindet Meckel selber als "wild". Trotzdem ist vieles, was den meisten noch wie eine unscharfe Zukunftsvision erscheinen mag, jetzt schon technologisch möglich. So kann man beispielsweise per Denken Texte schreiben. Auch das hat Meckel ausprobiert. Ergebnis: "Es dauert noch sehr lange, aber es geht." Während die große Mehrheit sich über derartiges noch wundert, arbeiten Experten bereits an der Optimierung der Technologien. Der Konzern Facebook hat beispielsweise angekündigt, in zwei Jahren ein Gerät auf den Markt zu bringen, mit dem man Texte ins Handy denken kann. 100 Worte pro Minute sollen damit möglich sein. Einerseits eine schöne Vorstellung. Nichts mehr handschriftlich notieren. Nichts mehr mühsam tippen. Aber wie sicher ist das Gedankengut außerhalb der eigenen Hirnwände? Wer hat Zugriff darauf? Wer liest mit? Und was ist, wenn das Gerät gehackt wird?
Zudem funktioniert die Übertragung natürlich nicht nur in einer Richtung. Im Gegenzug wäre es auch möglich, Gedanken ins Gehirn zu übertragen. Oder, gruselige Vorstellung, Erinnerungen einzuspeichern, die man gar nicht gemacht hat. Die Frage, die daraus folgt, liegt auf der Hand: Dürfen wir alles tun, was wir können? Miriam Meckel fordert: Wir müssen die Autonomie über unseren Kopf behalten — als Kreativraum, Privatsphäre des Denkens und Refugium des Bewusstseins.
Aber natürlich werden das nicht alle so sehen. Meckel weiß das, spricht von Neurokapitalisten, die Gerätschaften entwickeln, um das Hirn effizienter, den Menschen leistungsfähiger zu machen. "Unser Hirn zu manipulieren heißt, unsere Persönlichkeit zu verändern", so Meckel. Man muss das Dafür und Wider also sorgsam abwägen. Vor allem aber muss man die menschliche Imperfektion neu schätzen lernen. Ganz leicht wird das vermutlich nicht. Aber einen Versuch ist es wert.
Sonntag, 6.5., 11 Uhr, Central, Worringer Str. 140, Düsseldorf, dhaus.de