Nena feiert 40-jähriges Bühnenjubiläum Das ewige Mädchen
Wenn ich heute einem Nachgeborenen erklären sollte, wer Nena ist, würde ich sagen: Nena war die Lena Meyer-Landrut unserer Zeit. Ich bin Jahrgang 1971. Als Nena 1982 das erste Mal in Dieter-Thomas Hecks ZDF-Hitparade auftauchte, war ich 11. Genau das richtige Alter, um von Ententanz, "Kreuzberger Nächte sind lang" und Roland Kaiser auf Popmusik umzusteigen.
Um sich Vorbilder zu suchen, denen man nacheifern konnte in puncto Kleidung, Frisur und Attitüde. Dachte ich mir. Und dachten sich viele andere Mädchen zwischen Konstanz und Kiel. Nenas Aufstieg geschah quasi über Nacht. Und was Lena Meyer-Landrut der erste Auftritt in der Castingshow "Unser Star für Oslo" war, war für Nena eben das Debüt in der Hitparade. Die fünfköpfige, nach der Frontfrau benannte Band, war zu dem Zeitpunkt gerade erst ein paar Monate zusammen, hatte noch nicht einmal ein Album auf dem Markt. Einzig die allererste Single. Natürlich war "Nur geträumt", das Nena gemeinsam mit Joern-Uwe Fahrenkrog-Petersen und ihrem damaligen Freund Rolf Brendel geschrieben hat, ein fantastischer Popsong. Trotzdem war er nur die halbe Miete. Den Rest besorgten Nenas Ausstrahlung, ihr mädchenhafter Charme und ihr roter Leder-Mini. Der rote Leder-Mini war für Nena das, was für Boy George der Hut, für Limahl die schwarz-weißen Haare und für Madonna die Kruzifixe waren. Ein Alleinstellungsmerkmahl.
Die Presse stürzte sich gierig auf die junge Frau aus Hagen. Obwohl damals soziale Netzwerke noch außerhalb jeder Vorstellungskraft lagen, war Gabriele Susanne Kerner, so ihr bürgerlicher Name, plötzlich überall. Im Fernsehen. Im Kino ("Gib Gas, ich will Spaß"). Und natürlich in der Bravo. Das Teenie-Blättchen brachte jede Woche eine Story über die Sängerin. Nenas Eltern. Nenas Hund. Nena und Rolf. Nenas neuer Style. Nur eins hat auch die Bravo nicht mitbekommen: Nenas Liaison mit Panikrocker Udo Lindenberg. Die wurde erst Jahrzehnte später bekannt, als kein Paparazzo die beiden mehr zusammen in Flagranti erwischen konnte. Von Nena und Udo einmal abgesehen schaffte es allerdings jede noch so nichtige Information in die kunterbunten Gazetten. Parallel schnellten Nenas Plattenverkäufe in die Höhe. Auch nach "Nur geträumt" folgte Hit auf Hit. "Leuchtturm", "?", "Irgendwie, irgendwo, irgendwann" und natürlich "99 Luftballons". Letzteres schaffte es in Deutschland, Japan, Mexiko, Kanada, Australien und Neuseeland auf Platz 1 der Charts. Zeitgleich wurde man in den USA auf das girl from Germany und seine haarigen Achseln aufmerksam. Offenbar war Nena auch in dieser Frage eine Trendsetterin. Mehr als drei Jahrzehnte später kam Kollegin Madonna auf den Trichter und postete ein Foto ihres Unter-dem-Arm-Flaums auf Instagram mit dem Hinweis "Long hair don't care".
Auch nach dem "Haarige-Achseln-Skandal" war stets viel los in Nenas Leben. Sie hat 25 Millionen Platten verkauft. Drei Kinder von zwei Männern bekommen. Eine Demokratische Schule gegründet. Und sehr viel Rohkost gegessen, weshalb sie auch heute noch fantastisch aussieht. Die nach ihr benannte Band hat sich 1987 aufgelöst. Seitdem genügt sich Nena künstlerisch selbst. In diesem Jahr feiert die 3-fache Großmutter ihr 40-jähriges Bühnenjubiläum. Wer jetzt beginnt, nachzurechnen, dem sei gesagt, dass dabei auch die Zeit mit ihrer ersten, fast vergessenen Band The Stripes eingerechnet ist. Ihre "Nichts versäumt"-Tour führt die Sängerin in insgesamt 27 Städte in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg. Rund die Hälfte der Konzerte sind schon jetzt ausverkauft. In Düsseldorf spielt sie an genau jenem Platz, an dem ich sie zum ersten und einzigen Mal live gesehen habe: in der Mitsubishi Electric Halle, die damals, als ich glühender Nena-Fan war, noch Philipshalle hieß. Vielleicht sollte ich einfach noch mal hingehen. Allein schon um zu prüfen, was die Zeilen "Ich bin so allein/Ich will bei dir sein" heute mit mir machen.
7.5., 20 Uhr, Mitsubishi Electric Halle, Siegburger Str. 15, mitsubishi-electric-halle.de