Festliche Tafeln im Hetjens Granatäpfel zu Zwiebeln

Egal, ob Omas Service mit dem Goldrand, oder das schwere Silberbesteck aus Mutters Aussteuer - so richtig gute Erinnerungen hat vermutlich kaum jemand daran, wenn in den 60-er oder 70-er Jahren das "gute Service" aus dem Schrank geholt wurde.

Wilko Beckmann und Dr. Daniela Antonin vor einer besonders festlich dekorierten Tafel.

Foto: ho

Zumeist wirkte es eher einschüchternd.

Die Ehrenrettung erfolgt jetzt aber im Hetjens-Museum. Pünktlich zur Vorweihnachtszeit präsentiert das Haus vier festlich eingedeckte Tafeln. Liebevoll und kreativ sind die Tische in Szene gesetzt. "Vier verschiedene Zeiten modern interpretiert", sagt Hausherrin Dr. Daniela Antonin.

Entstanden sind funkelnde, farbenfrohe Hingucker. Vom Goldrand-Service, übers klassische Zwiebelmuster bis zur kühlen Schwarz-weiß-Ästhetik von Rosenthal. Kurator Wilko Beckmann und Daniela Antonin wissen dazu viele Geschichten.

Etwa zum berühmten Zwiebelmuster aus Meissen. "Das war im 19. Jahrhundert das beliebteste Porzellan Europas. Selbst in Thomas Manns Roman 'Die Buddenbrooks" spielt es eine Rolle", so Beckmann. Beliebt vor allem wohl deshalb, weil es so strapazierfähig ist.

"Das können Sie heute sogar in die Spülmaschine stellen!" Dabei liegt der namengebenden Zwiebel im Design eigentlich ein Missverständnis zugrunde. August der Starke, erzählt Daniela Antonin, war ein großer Porzellan-Liebhaber und sammelte Produkte aus dem ostasiatischen Raum. Die wiederum sollten der Meissener Manufaktur zum Vorbild dienen. Im asiatischen Dekor spielte der Granatapfel eine wichtige Rolle. "Granatäpfel kannte aber in Sachsen niemand." Die Maler vermuteten eine Zwiebel hinter der nicht klar zu identifizierenden Frucht. Das Zwiebelmuster war geboren.

Die Tafeln selbst haben schon viel zu erzählen, werden aber auch noch von vier historischen Puppenhäusern ergänzt. Die geben Einblick in die Wohnverhältnisse unterschiedlicher Epochen. Vom Biedermeier-Interieur bis zur unvermeidlichen Hollywoodschaukel der 70er Jahre reicht die Bandbreite. Das weckt bei vielen Besuchern Erinnerungen.

Dass Porzellan auch politisch sein kann, zeigt eine festliche Tafel in der ersten Etage des Hauses, die Kurator Wilko Beckmann selbst eingedeckt hat. Mit einem Pariser Service von 1810. "Darauf sind zahlreiche Episoden aus der römischen Geschichte abgebildet." Die erzählfreudigen Teller und Schüsseln standen bei den Bürgern im nachrevolutionären Frankreich hoch im Kurs. Eben als Sinnbild fürs Bürgertum. Ein Schatz, der Jahrzehnte im Depot des Hetjens-Museums schlummerte.

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