Düsseldorfer Farbenspiele - Die Rathaus-Kolumne Der Kanal-Deal - Ein Sommermärchen

"Mon dieu!" Wie die Franzosen möchte man ausrufen. Was für ein Skandal! Die letzte Ratssitzung vor der Sommerpause sorgt für einen echten Schocker: Die Einschaltquote des ZDF-Fernsehgartens war mit 2,8 Millionen höher als bei der Tour de France-Übertragung in der ARD (1,4 Mio.) Und als Deutschland im Confed-CupFinale zugange war, haben das auch mehr Leute (14 Mio.) gesehen, als Radrennen.

Oberbürgermeister Thomas Geisel (rechts) hat in der Sitzung des Stadtrates am Donnerstag, 13. Juli, drei neue Ratsmitglieder verpflichtet: (v.l.) Ulf Montanus (FDP), Florian Tussing (CDU) und Ina Steinheider (SPD).

Foto: Landeshauptstadt Düsseldorf/ Michael Gstettenbauer

Die FDP bringt Licht in dieses dunkle Kapitel der Fernseh-Geschichte. Die liberale Sport-Expertin Monika Lehmhaus bestätigt immerhin: "Es hat Spaß gemacht wie Karneval und Schützenfest." Nur seien bei letzteren ja mehr Besucher. Die Düsseldorfer Kirmes allerdings - und das gilt vermutlich auch für Schützenfeste - wird allerdings nicht weltweit im TV gezeigt.

Unserer Kenntnis nach übrigens auch nicht der ZDF-Fernsehgarten. Die Endabrechnung für die Tour de France steht noch aus. Und kommt, "wenn alle Rechnungen bezahlt sind", verspricht der Oberbürgermeister. Und in Richtung FDP-Bank sagt er: "Hören Sie auf, ein großartiges Ereignis klein zu reden." Düsseldorf habe aus einem Regentag ein Sommermärchen gemacht. Und wenn sie nicht gestorben sind, diskutieren sie auch noch im nächsten Jahr. Fortsetzung folgt.

Auch der Graffiti-Skandal der Garather Feuerwache ist Thema. Bei einer Veranstaltung waren mit Unterstützung (600 Euro) der Bezirksvertretung Wandbilder entstanden. CDU-Ratsherr Klaus Mauersberger erzählt. Die Stimmung sei sehr schön gewesen und der Veranstalter habe gleich am nächsten Tag die Rechnung eingereicht. (Wird aber nicht bezahlt.) Da erlebte die Feuerwehr ihr blaues Wunder, als sie ein Bild entdeckte, in dem fröhlich vom "Bullenklatschen" die Rede war. Inklusive Angreifer mit Molotow Cocktail und Polizist mit eingeschlagenem Helm.

"Ich war sprachlos", sagt Mauersberger. Im Rat herrschte Einigkeit: Geht gar nicht. Die Feuerwehr hatte das Bild schnurstracks geschwärzt. Im Rathaus verteilte fiftyfifty derweil allerdings Postkarten, in denen man sich auf die Freiheit der Kunst beruft. "Letzte Schanze ob du wirklich richtig stehst."

Mauersberger: "Da war ich wieder sprachlos." Das passende Schlusswort für diese unappetitliche Geschichte findet der Oberbürgermeister: "Menschen, die sowas malen, sollten wir nicht als Künstler bezeichnen!" Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der ganz große Showdown der Ratssitzung war für das Ende vorgesehen. Unter Punkt 17 auf der Tagesordnung. Es geht um verdammt viel Kohle. Es geht - für die Ampel - um alles. Denn wenn unter Punkt 17 etwas schief läuft, ist der ganze Haushalt für die Tonne. Gemeint ist der "unselige Kanaldeal", wie CDU-Fraktions-Chef Rüdiger Gutt es nennt.

Die Stadt verkauft ihr Kanalnetz an die eigene Tochter, den Stadtentwässerungsbetrieb für rund 600 Millionen Euro. 400 Millionen werden im laufenden Haushalt gebraucht. "Eine denkwürdige und unheilvolle Entscheidung", hallt der Kassandra-Ruf Gutts durch den Saal. Und die Erinnerung an gute alte Zeiten: "Herr Neuenhaus, wir haben 15 Jahre im Einvernehmen die Politik gestaltet." Die ganz große Leistung von schwarz-gelb sei es gewesen, Investitionen aus dem Kernhaushalt zu finanzieren. Damals freilich war der Kernhaushalt auch noch ein Töpfchen voller Gold.

SPD-Fraktions-Chef Markus Raub findet: Meckern reicht nicht. Soll die CDU doch mal einen Gegenvorschlag machen, wo das Geld herkommt. Viel verbale Rauferei zwischen Gutt und Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmerin. Da scheint schon ein gehöriges Maß an Abschiedsschmerz dabei zu sein. Denn die Düsseldorfer FDP-Frontfrau zieht es nach Berlin. Den guten Cop bei den Schwarzen gibt dafür wieder Andreas Hartnigk (CDU). Er fasst zusammen: "Wenn die Kämmerin die 400 Millionen nicht bekommt, fliegt ihr der Haushalt um die Ohren." Auch sei der größten Batzen des Geldes damit gleich wieder weg.

Kämmerin Dorothee Schneider erhellt die düsterer werdende Stimmung im Saal. "Ich verkaufe etwas, dafür gibt's Geld." Verstehen wir.

Zu den "ominösen 400 Millionen Euro im Haushalt" sagt sie: 350 Millionen davon sind Tilgung. 50 Millionen zum Investieren blieben aber übrig. Die Chance, noch einmal nachzufragen, was mit den 350 Mio. so alles getilgt wird, verpasst die CDU. Am Ende kommt der Linke-Tasche-rechte-Tasche-Deal zustande. Wir haben einen neuen Lieblings-Satz der Kämmerin ("Ich zähl' jetzt nicht immer mit.")

Und die Stadt-Tochter kauft der Stadt das Kanalnetz ab, die Stadt selbst muss keinen Kredit aufnehmen. Ein Regentag für die CDU, ein Sommermärchen für die Ampel.

Unklar bleibt nur: Muss das Kanal-Netz eigentlich besenrein übergeben werden?