Ein Ehepaar hilft sieben von über 12 Millionen
Der syrische Flüchtling Farhan Assaf will mit seiner Frau und den fünf Kindern Fuß in Düsseldorf fassen. Ein Ehepaar aus Golzheim unterstützt sie dabei tatkräftig. Ein Lehrstück über Hilfe.
Zuhause ist Assaf (40) eigentlich in einem syrischen Dorf, 80 km von Aleppo entfernt. Ein Leben in der Provinz, er ist Schneider, verdingt sich nebenbei als LKW-Fahrer. Ein Leben, bescheiden, aber glücklich, wie er heute sagt.
2011 bricht der Bürgerkrieg aus. Drei Jahre später, als Aleppo längst zum grausamen Abziehbild des dortigen Gemetzels geworden ist, gibt es auch auf dem Land Tote und Verletzte - und Flüchtlinge, wie er jetzt einer ist. "Aleppo ist die zweitgrößte Stadt Syriens, so groß wie Berlin", sagt Assaf. Zwei Millionen Menschen lebten hier zu Beginn des Krieges, 350.000 sind es heute. "Es sieht dort aus, wie in deutschen Städten kurz nach dem 2. Weltkrieg", beschreibt er. Die Hälfte der syrischen Bevölkerung ist auf der Flucht, 4 1/2 Millionen außerhalb, acht Millionen innerhalb des Landes. Ein gigantischer Exodus.
Auch Assaf will raus. Er hat Angst um seine Frau und die fünf Kinder. Drei Mädchen, zwei Jungs, heute sind sie zwischen 8 und 16 Jahre alt. Wie so viele, macht er sich zunächst allein auf den Weg. Er gelangt über Marokko, Spanien, Frankreich und Belgien nach Deutschland - was gar nicht sein Ziel war, wie er sagt. Im Dezember 2014 ist er in Düsseldorf, genießt Bleiberecht, will die Familie nachholen. Doch es gibt große Schwierigkeiten mit den Papieren. Die Zusammenführung stockt, monatelang.
Assaf ist in einem Altenheim der Golzheimer-Ter steegengemeinde untergebracht. Und hier werden Frank und Bettina Geisse auf den Mann aufmerksam. "Er saß da und ich bin auf ihn zugegangen", berichtet der pensionierte Bundeswehroffizier, der in Golzheim wohnt. Es ist ihre Heimatgemeinde. Und es ist Spätsommer 2015. Mittels eines Übersetzungsprogramms auf dem Smartphone verständigt man sich mühsam. "Sein Schicksal berührte uns", erzählt Geisse. Die Eheleute wohnen gegenüber einer Flüchtlingsunterkunft. Hier ist ihr persönlicher Einsatz gefragt. Und sie zögern nicht!
Über das Islamische Zentrum an der Worringer Straße wird Kontakt zu einem arabisch sprechenden Arzt hergestellt. Die Verständigung klappt viel besser. Man stellt wieder Kontakt zu Frau und Kinder her. Sie gelangen in die Türkei. Dann schließen die Türken mehrere Grenzübergänge. Schließlich gelingt es mit Hilfe des DRK, Visa ausstellen zu lassen. Frau und Kinder landen am 23. November 2015 in Düsseldorf.
Hier begleiten Frank und Bettina Geisse die Flüchtlinge bei Behördengängen, "schleusen alle einmal bei unserer Zahnärztin durch" (Frank Geisse), organisieren den Umzug aus der Flüchtlings-Unterkunft in der Lacombletstraße in eine eigene Wohnung in Lichtenbroich mit. 55 qm für alle. Doch Farhan Assaf lächelt und sagt. "Wir sind froh, das ist überhaupt kein Problem."
Die Kinder gehen in die Schule, lernen schneller Deutsch als die Eltern, die bald einen Kurs besuchen werden. Und der Vater will arbeiten und Geld verdienen. Denn Farhan Assaf sieht seine Zukunft in Düsseldorf. An eine Rückkehr in die Heimat glaubt er nicht. "Wir möchten hier in Frieden leben und neue Freunde gewinnen."
Für Bettina Geisse ist klar. "Das ist eine goldige Familie mit entzückenden Kindern. Wenn wir weiter helfen können, tun wir das gerne." Ihr Gatte ist sicher: "Die Assafs schaffen es hier, wollen weiter kommen. Und es bleibt dann sicher - wie jetzt schon - mindestens einmal im Monat Zeit für einen gemeinsamen Tee." Frank und Bettina Geisse haben sieben Menschen von über 12 Millionen geholfen. Was die Freunde angeht - zwei hat Familie Assaf schon gefunden...