Herr Heist, jetzt bitte nicht aufregen: Wie sehr nervt es Sie, auf die Rolle des Gernot Hassknecht angesprochen, und vielleicht sogar festgelegt zu werden?
Interview Hans-Joachim Heist Politische Breitseite
Der Schauspieler und Regisseur Hans Joachim Heist (70) brilliert seit 2009 in der Rolle des lautstarken Cholerikers Gernot Hassknecht, bekannt aus der ZDF-Nachrichtensatire „heute Show“. Mit seinem Soloprogramm „Jetzt wird’s persönlich“ kommt er am 17. Januar ins Savoy Theater.
Mich nervt es nicht, und in meinem Alter sowieso nicht. Wenn ich aber ein junger Schauspieler wäre, dann würde ich nicht nur auf Hassknecht festgelegt werden, sondern noch andere Dinge in meinem Berufsleben machen wollen. In meinem Alter ist das allerdings kein Thema, ich finde es toll, dass mich Menschen auf die Figur ansprechen. Und dennoch: In den ersten drei Jahren, in denen ich die Rolle spielte, war es schon ein Problem. Beim Fernsehen wird man immer gleich in eine Schublade gesteckt und einige Redakteure, Regisseure und Produzenten lehnten mich als „den Schreihals“ ab. Mittlerweile aber mache ich auch andere tolle Filmprojekte, es ist also alles im grünen Bereich.
Gernot Hassknecht ist Kult. Warum mögen ihn die Menschen?
Hassknecht ist das Sprachrohr, wenn es darum geht, Frust und Ärger über die Missstände in unserem Land lautstark auf den Punkt zu bringen. Er ist wortgewaltig und garantiert auch parteiübergreifend. Für viele ist er die Stimme der ungehörten Masse.
In der Rolle des Hassknecht äußern Sie lautstark mitunter sehr kritische Meinungen und zeigen dabei, anders als viele anonyme Wüter in den sozialen Netzwerken, Ihr Gesicht. Hat das für Sie Nachteile als Person Hans Joachim Heist?
Ja, das kann man so sagen. Wenn ich in der heute Show eine Breitseite gegen die Rechten ablasse, dann kommt der Hass über die Sozialen Netzwerke. Das ist ganz schlimm und reicht sogar bis zu Morddrohungen. Das hat sich in den vergangenen fünf, sechs Jahren massiv verschlimmert. Ich habe mich deshalb persönlich auch aus den Sozialen Netzwerken abgemeldet, der Facebook-Account ist der letzte, den ich noch habe. Und wenn die Tour im Februar beendet ist, kündige ich dort auch und werde mich komplett aus den Sozialen Netzwerken raushalten, denn im Grunde genommen könnte ich nur noch kotzen über das, was ich da lese.
Was macht das mit Ihnen, haben Sie Angst?
Angst habe ich weniger um mich, als vielmehr um meine Familie. Und die Frage ist, wie ich mich davor schützen kann? Soll ich nicht mehr vor die Tür gehen? Nein, diesen Gefallen werde ich diesen Leuten nicht tun.
Sie beweisen also bewusst Rückgrat, weichen nicht zurück vor der Bedrohung und zeigen Präsenz?
Das sollte man auf jeden Fall tun. Indem man Präsenz zeigt, sollte man den Leuten zeigen, was man von ihnen hält.
Wie viel Mitspracherecht haben Sie bei Konzeptionierung der Hassknecht-Texte?
Für die Sendung macht das ein ganzes Autorenteam, da sind wir alle mit eingebunden. Für das Bühnenprogramm erarbeiten wir die Texte zu dritt: Zwei heute Show-Autoren, und ich schreibe dabei ganz heftig mit und sage, wo es lang geht. Bei der heute Show werden die Themen indes natürlich von der tagesaktuellen Lage vorgebenen.
Was erwartet die Zuschauer in Ihrem zweiten Bühnenprogramm?
Es wird in keinem Fall zwei Stunden lang gebrüllt; das halten weder die Zuschauer noch ich durch. Es ist ein sehr humorvolles, sehr satirisches und sehr tiefgründiges Programm. Es werden gesellschaftspolitische Themen aufgegriffen, die jeden angehen. Das reicht von der Finanz- und Zinspolitik über die Bildungspolitik bis zum Investitionsstau. Es geht aber auch um die neusten Techniken, das Internet und die Sozialen Netzwerke. Ein ganz großer Teil des Abends beschäftigt sich auch mit unserer Demokratie.
Ist Humor ein Mittel zum Zweck?
Humor ist immer ein Mittel zum Zweck und Satire sowieso. Kabarett ohne Humor funktioniert nicht, dann kommt man oberlehrerhaft daher.
Sie sind auch unterwegs mit Ihrem Heinz Erhardt Programm „Noch’n Gedicht“, in dem Sie den großen Komiker porträtieren. Sie können unglaublich schnell in diese Rolle wechseln, das liegt Ihnen im Blut, oder?
Ja, auf jeden Fall. Schon während meines Schauspielstudiums habe ich die Moderation von Gala-Veranstaltungen übernommen und bereits viele Parodien gezeigt. Heute widme ich Heinz Erhardt ein ganzes Programm, ich mag ihn sehr und bin mit ihm aufgewachsen. Ich parodiere ihn jedoch nicht auf der Bühne, es ist eher eine Interpretation.
Fehlt es uns heute an Komikern wie Heinz Erhardt?
Das kann man so sagen. Er unterscheidet sich von den heutigen Comedians, er ging nie unter die Gürtellinie und hat mit der deutschen Sprache gespielt. Für ihn war die deutsche Sprache ein sehr wichtiges Element für seinen Humor. Das, was Erhardt gemacht hat, war einmalig und ist es immer noch.
Erlauben Sie mir einen Blick in die Zukunft?
Neben allem anderen bereite ich ein neues Hassknecht-Programm vor, werde allerdings zunächst einmal ein Jahr Hassknecht-Pause einlegen. Es wird aber noch einiges kommen...