Düsseldorfer Farbenspiele - Die Rathaus-Kolumne Sex mit dem Ex oder die freie Wahl der Waffen

Die Ratssitzung stand im Zeichen der Farbe Gelb. Gelb wie Tour de France. Und gelb wie FDP. Den vielleicht klügsten Satz in dieser Sitzung sagte CDU-Fraktions-Chef Rüdiger Gutt: "Es geht kunterbunt durcheinander in der Ampel." Man könnte allerdings auch mutmaßen, dass die Ampel sich zum Kreisverkehr entwickelt…

Hoch her ging es im Rat bei der Abstimmung über die Tour de France-Bewerbung.

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Soll Düsseldorf sich als Austragungsort des Starts der Tour der France 2017 bewerben? Darüber galt es im Rat abzustimmen.

Schon im Vorfeld hatte die CDU gesagt: Mit uns nicht. Die Gründe: Kosten und Doping. Aus denselben Gründen habe einst Oberbürgermeister Elbers die Düsseldorfer Tour-Bewerbung des verstorbenen Oberbürgermeisters Erwin zurückgezogen. Damals versank gerade der Deutsche Radsport tatsächlich im großen Dopingskandal.

Stadtdirektor Burkhard Hintzsche (SPD) und Verkehrsdezernent Dr. Stephan Keller (CDU) führten noch einmal alle Argumente für die Bewerbung ins Feld: Ein eher günstiger Preis, weil London für 2017 abgesprungen ist und die Tour-Direktion ein großes Interesse an einem deutschen Austragungsort hat, eine konservative Kostenrechnung, die laut Hintzsche zwar "keine schwarze Null" haben wird. "Ich glaube aber, dass wir am Ende gut dastehen werden."

Keller führte zudem die Impulse für das Fahrradfahren an und für sich ins Feld, die von der Veranstaltung ausgehen würden. Dann: Vorhang auf für die FDP. Und die freie Wahl der Waffen. Während Manfred Neuenhaus stets das elegante Florett vorzieht, neigt Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann eher zum Ultimate Fighting. Man rieb sich als Zuhörer verwundert die Augen und Ohren. Wütete da ein Ampelpartner gegen die Pläne der eigenen Koalition? Oder war das schon Sex mit dem Ex? Denn seit dem Wahlabend im vergangenen Jahr sah man die geschiedenen Partner FDP und CDU nicht mehr so zugeneigt.

Was macht nun ein strategisch denkender Politiker: Er beantragt geheime Abstimmung, hofft auf Zusammenhalt im eigenen Lager und Umfaller beim Gegner. Hat bei der Wahl der neuen Kämmerin auch geklappt. Das macht also SPD-Fraktions-Chef Markus Raub gleich zu Beginn der Debatte. Im Verlauf sollten sowohl Raub als auch Gutt dann noch Rot sehen. Aber man schenkte sich nichts.

Die Sache mit der geheimen Wahl allerdings, die schmeckte keinem der Gegner. Und so kam die Farbe Braun ins Spiel. Wenn nichts mehr geht, muss die Nazi-Keule her. Eine Entscheidung zugunsten der Tour durch AfD und Republikaner? Ist das undemokratisch? Unmoralisch?

"Diese Stadt hat sich einmal für Olympia beworben. Wie kleinmütig sind wir eigentlich geworden?" Die Frage stellte schließlich Oberbürgermeister Thomas Geisel. Und dann ging es endlich los. Allem Widerstand zum Trotz in geheimer Wahl. 79 Stimmen insgesamt. 40 für die Tour-Bewerbung. 39 dagegen. Und dann: Die Grünen beantragen eine Sitzungsunterbrechung. Ratlose Gesichter im Saal. Es dauert, bis alle zurückkommen. Markus Raub und sein grüner Kollege Norbert Czerwinski stellen sich der Presse vor der Tür. Man sei nicht glücklich mit dem Ergebnis. Man wolle in den nächsten Tagen noch einige Gegner überzeugen. Eine breitere Mehrheit müsse her.

Er schwingt mit, dieser Zweifel: Darf man mit den Stimmen von AfD und Republikanern gewinnen? Und die Frage: Wird die Farbe Gelb zum Spalter der Koalition? Uns bewegt allerdings seit gestern Abend eine andere Frage: Richtig rechnen ist ja prima. Aber wenn eine Abstimmung geheim ist, wieso wissen dann eigentlich alle so genau, wer da wofür abgestimmt hat? Wie sagte Pirat Frank Grenda so listig: "Vielleicht bin ich ja das Zünglein an der Waage." Politik ist eben, nicht alles so genau zu wissen, das aber mit Nachdruck. Und Rüdiger Gutts "Es geht kunterbunt durcheinander bei der Ampel" war das Netteste, das man gestern Abend sagen konnte…