Jan-Wellem-Ring für Jacques Tilly „Vom Terror nicht beeindrucken lassen“

Wenn eineinhalb Wochen vor Rosenmontag Jacques Tilly in dunklem Anzug, Fliege und Lackschuhen im Rathaus erscheint, statt im berühmten roten Overall in der Bilker Wagenbauhalle zu schuften, passiert Ungewöhnliches.

Rechts am Redner-Pult Jacques Tilly, der neue Jan-Wellem-Ring-Träger, links in stattlicher Größe der Namensgeber Jan Wellem.

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Wenn der bekannte Kölner Kabarettist Jürgen Becker auch noch in der ersten Reihe des altehrwürdigen Jan-Wellem-Saals im Düsseldorfer Rathaus sitzt, dann passiert sehr Ungewöhnliches.

"Satire kann man nicht töten". Dieser Wagen wurde Rosenmontag 2015 erst kurz vor dem Start des Rosenmontagszuges von Tilly selbst enthüllt.

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Um es aufzulösen: Oberbürgermeister Thomas Geisel hat am Donnerstagmittag den Düsseldorfer Künstler Jacques Tilly mit dem Jan-Wellem-Ring der Landeshauptstadt ausgezeichnet. Und der Kölner Becker ist mit dem Düsseldorfer Tilly befreundet.

Der wahre Untergang des Abendlandes: Eines der beeindruckendsten Motive von Jacques Tilly Rosenmontag 2015. Leider hat es an Aktualität absolut nichts eingebüßt.

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Der Ring wird Bürgern verliehen, "die sich besondere Verdienste auf politischem, wirtschaftlichem, sozialem, kulturellem, heimatstädtischem und sportlichem Gebiet für die Stadt erworben haben."

Tillys Wagen im Rosenmontagszug seien ein "einzigartiges Alleinstellungsmerkmal für Düsseldorf", so Geisel. Kein anderer Karnevalsumzug in Deutschland ist so originell, so satirisch und vor allem so aktuell. Geisel zitiert ein Bonmot des Düsseldorfer Karnevals-Urgesteins Hermann Schmitz: "Würde am Sonntag plötzlich der Papst heiraten, hätten wir das Rosenmontag im Zug!"

Unerschrocken sei Tilly, aufgeklärt, ein Mann mit Zivilcourage. Geisel erinnert an zwei besondere Wagen im vergangenen Jahr: Tillys Statement zum Terroranschlag auf die französische Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" in Paris und sein überhaupt nicht komischer Wagen zum Thema Flüchtlinge. Motto: "Der wahre Untergang des Abendlandes." Satire lässt das Lachen eben manchmal im Halse stecken.

"Ich selbst sehe in diesem Jahr dem Zug zitternd wie Espenlaub entgegen", witzelt Geisel und mag die eine oder andere Steilvorlage von sich im Sinn haben.

Jacques Tilly nimmt die Auszeichnung für sein ganzes Team entgegen. Das ist ihm wichtig.

"Ein Satiriker, der geliebt wird macht seine Arbeit nicht richtig." Mit diesen Worten beginnt er seine Dankesrede. Gibt aber zu: Die Rosenmontagswagen sollen möglichst vielen Menschen gefallen. Für ihn aber langsam ein Dilemma. "Wie soll ich Volkes Stimmung in Form bringen, wenn sich Volkes Stimmung derart teilt?" Rechtspopulisten in Deutschland mit paranoiden Ideen und Verschwörungstheorien, die "Putinisierung" in Russland, die "völlig durchgeknallten Rechten" in den USA, Terroranschläge durch Islamisten — das alles bewegt Jacques Tilly, den Humanisten. Er bleibt dabei: "Das wirksamste Mittel gegen den Terror ist, sich gar nicht davon beeindrucken zu lassen."

Wetten, dass Jacques Tilly uns alle beim Rosenmontagszug am 8. Februar wieder mächtig beeindrucken wird?

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