Adieu, Pastor Sülzenfuß ! Der Priester von St. Margareta wird Mitte des Monats verabschiedet

Auf seiner Achthunderter-BMW kommt Karl-Heinz Sülzenfuß herangerauscht. Sein Faible fürs schnelle Dienstfahrzeug hatte dem "Gerresheimer" in einer seiner ersten Ausgaben vor elf Jahren das Titelbild beschert.

Enger Kontakt zu seiner Gemeinde - das war Karl-Heinz Sülzenfuß wichtig, wie hier an einem Schützen-Sonntag am Kölner Tor.

Und auch dieses Mal ist das Stück Gerricusstraße vor dem Pfarrbüro gegenüber von St. Margareta die Kulisse, um aus besonderem Anlass zurück und nach vorn zu blicken.

Der Geistliche — auf seinem aktuellen Motorrad, einer BMW 800.

Eine unruhige Zeit liegt hinter ihm, bekennt der Pastor, der am vergangenen Heiligabend 70 Jahre alt wurde. Immer wieder habe er sich gefragt: "Soll ich aufhören, oder soll ich nicht?" Mit 70 kann man in den Ruhestand wechseln, mit 75 muss man. "Du bist ja auch alt, schoss es mir irgendwann durch den Sinn." Diese offenen Worte sagt Sülzenfuß neben seinem Schreibtisch, auf dem er erst zwei Kerzen entzündet, dem Gast ein Glas Wasser anbietet und dann auf Fragen und Stichworte eingeht. Sein Gesicht strahlt Ernsthaftigkeit aus, aber die Augen sprühen vor Lebensfreude - wie so häufig. Seine Offenheit und der Kontaktwille sind jedem aufgefallen, der ihn kennengelernt hat. Das große Foto auf dieser Seite beweist es, aufgenommen an einem Schützensonntag kurz vor der Parade am Kölner Tor. Diese Aufgeschlossenheit könnte ein Reflex auf die Zeit seiner Jugend sein. "Als Studenten lebten wir in einem Wohnheim, das um 9 Uhr abends abgesperrt wurde — und wir hatten keinen Schlüssel." Man musste also früh zuhause sein und Freundschaften ließen sich deshalb nur schwer entwickeln. Seine Generation war gezwungen, um viele Freiheiten zu kämpfen. "In Tübingen hörte ich Joseph Ratzinger und zum ersten Mal dachte man darüber nach, Denkverbote aufzuheben."

1973 wurde Karl-Heinz Sülzenfuß zum Priester geweiht. In dieser Zeit fand er auch für sich persönlich eine Formel fürs Zusammenleben. Er hatte immer mit anderen Menschen zusammengewohnt. Also gründete er eine Wohngemeinschaft mit einem befreundeten Ehepaar. "Ich wollte keine Haushälterin." Schnell schiebt er die Ergänzung hinterher: "Das soll keineswegs ein Modell sein für irgendjemand anders. Aber bei uns stimmte und stimmt die Chemie und die Freundschaft." Die Freunde haben ihm den Rücken frei- und ihn lebendig gehalten, sagt er. Er schätzt die Aufgehobenheit. "Wenn man sich beispielsweise rastlos fühlt, sagt man ja nicht: ich bin nervös, sondern die anderen merken das und fragen nach." So lernt man sich selber besser kennen. Natürlich, wie in allen Gemeinschaften sind Reibereien auch in dieser Konstellation nicht verbannt. Seit 1984 arbeitet Karl-Heinz Sülzenfuß in Düsseldorf, zunächst in Garath. 2001 wechselte er nach Gerresheim. "Das ist eine große Pfarrei." 20000 Gemeindemitglieder, sieben Kirchen, ein großes Team, das ständig in Bewegung ist. Aber die Wechsel haben ihn in den ganzen Jahren stets inspiriert. "Da sprießen dann neue Ideen und die neuen Mitarbeiter verfügen über neues Know-How." Er fühlt sich durch die Initiativen seiner Mitarbeiter und Gemeindemitglieder in den vergangenen Jahren "stark beschenkt". Der Priester sagt: "Ich bin in diesen Jahren ein anderer Mensch geworden." Ja, auch gelassener; vor allem aber hat er im Lauf der Zeit verstanden, dass er nicht alles selber machen muss, sondern dass es manchmal viel wichtiger ist, andere zu ermutigen. So sind in Gerresheim viele Unternehmungen entstanden, die heute wie selbstverständlich zum Kirchenleben dazugehören: Das Eltern-Kind-Café im Aloysianum am Gerricusplatz, einer der jüngsten Chöre im Bistum mit großer Reputation, ein Hospizverein, der viele geistige und finanzielle Hürden überwand. "Aber ich habe auch einen guten Kirchenvorstand und ein gutes Pfarrbüro." An der Schwelle zum Ruhestand denkt der Pastor nicht an die harte Arbeit zurück, nicht an die pausenlose Anspannung, nicht an die 16-Stunden-Tage — sondern an die vielen Erfolge. Was sehen Sie als Ihre größte Schwäche, was als Ihre größte Stärke? Karl-Heinz Sülzenfuß denkt lange nach. "Ich kann schlecht Nein sagen, ich baggere mich voll." Er bricht ab, sinniert und startet einen zweiten Versuch. Er diagnostiziert bei sich Harmoniesucht, "und das ist nicht immer gut."

Sein Plus hat er schneller formuliert: "Meine Präsenz." Die Unvoreingenommenheit. Wenn er etwa bei der 1. Kommunion zu den Kirchenbesuchern sagt: "Ich freue mich, dass Sie hier sind." Auch wenn er weiß, dass viele unter ihnen sind, die nicht an Gott glauben. Aber es gibt auch Dinge, die ihn furchtbar ärgern. Er erzählt dieses Beispiel: Ein Kaplan in seiner Gemeinde hatte sich verliebt, wollte die Berufung aufgeben und heiraten. "Da haben wir uns lange darüber unterhalten: Wie teilen wir das unserer Gemeinde mit, einer Gemeinde, die sich in dieser Zeit viele Fragen stellte, über die Treue zu Gott, Fragen zum Durchhalten." Wie geht man mit dieser Herausforderung um? Das einzige, was dazu vom Bistum zu hören war: Sie werden das doch wohl nicht in der Messe zum Thema machen? "Da habe ich dann eine dicke Wut bekommen und Schnapp-Atmung." Da hält er es lieber mit dem jetzigen Papst. "Franziskus hat gesagt: Das Leben läuft anders, als in den Rechtsvorschriften der Kirche vorgegeben." Was ihn selbst in guten und schlechten Zeiten stützt? Es ist ein einfacher Satz: "Gott ist unbeirrbar treu." Zwei neue Aufgaben wird Pastor Sülzenfuß nach seinem Abschied übernehmen. Er bildet Gemeindemitglieder weiter, um bei ihnen "Leben und Glauben" stärker zu verweben. Und er wird Hilfspriester, "Subsidiar hört sich besser an", sagt er und grinst, in Mörsenbroich, wo er auch in einem Krankenhaus Seelen umsorgen will. "Aber das wird garantiert keine 100-Prozent-Stelle." Der Chef von 110 Angestellten zu sein, das wird ihm nicht fehlen, auch das Schmieden der Dienstpläne nicht, "eine heftige Aufgabe".

"Ich habe viele Kontakte vernachlässigt und werde jetzt hier und da auf ein Glas Wein vorbeischauen." Und: "Ich möchte einmal zweckfrei lesen." Die Räume an der Gerricusstraße hat er bereits verlassen und für seine Wohngemeinschaft eine neue Bleibe in Vennhausen gefunden.

Am 15. Juni wird er auf dem Schützenplatz an der Gerricusstraße Abschied von den Menschen im Bezirk nehmen, die Schützen haben das Zelt einen Tag früher gebucht. Zu ihnen pflegte der Pastor immer einen guten und direkten Draht und lobt: "Wir haben hier eine hervorragende Jungschützenarbeit." Was den Tag selbst angeht, sagt er: "Ach, der wird ganz unkompliziert." Er erwartet keine großen Reden. Für sich selbst hat er sowieso schon Bilanz gezogen. "Ich bin im Großen und Ganzen zufrieden, ich konnte hier gut arbeiten." Als er sich für den Fotografen zum Schluss des Nachmittags auf seine BMW setzen soll, plaudert er darüber, dass er sich oft Gedanken gemacht hat, warum er sein Dienstfahrzeug immer nur beruflich einsetzte? "Du kannst doch damit auch mal Urlaub machen." Wieder wollen Freiheiten erobert werden: In wenigen Wochen bricht er gemeinsam mit einem Freund auf dem Motorrad nach Kärnten auf. Adieu, Pastor Sülzenfuß!

Klaus Schröder

(City Anzeigenblatt Duesseldorf)
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