Charlotte Gainsbourg La fille éternelle

Charlotte Gainsbourg ist ein perfektes Beispiel dafür, dass Kinder berühmter Eltern es nicht leicht haben. Sie hat Filme mit dem dänischen Meister der Provokation gedreht, mit Lars von Trier. Sie hat ein Album mit Beck aufgenommen.

Charlotte Gainsbourg.

Foto: concert team nrw

Trotzdem wird sie bis heute in erster Linie über ihre berühmten Eltern definiert: den Chansonnier und Mimen Serge Gainsbourg und die Schauspielerin, Sängerin, Stilikone Jane Birkin.

Geboren wurde Charlotte in den wilden Siebzigern und ihre Erzeuger waren, was die Wildheit angeht, stets ganz vorne mit dabei: "Meine Eltern waren Party-Weltmeister", sagt sie. Im Alltag der Töchter glänzte das Paar hingegen meist durch Abwesenheit. Die Betreuung von Charlotte und ihrer Schwester Kate übertrugen sie ständig wechselnden Babysittern und Au-Pair-Mädchen. Dennoch habe sie eine schöne Kindheit gehabt, so Gainsbourg. Ganz sicher scheint sie in dem Punkt allerdings nicht. Vielleicht habe sie die Zeit rückblickend auch idealisiert.

Mit ihrem ausschweifenden Lebensstil gaben Serge Gainsbourg und Jane Birkin ein perfektes Feindbild für die Eltern der meisten anderen Kinder ab. "Wenn mein Vater mal Ruhe gab, ließ sich meine Mutter für irgendein Magazin nackt fotografieren", erinnert sich Charlotte. "Was die anderen Eltern darüber dachten, bekam ich in der Schule ständig von deren Kindern zu hören. Meine Mutter wurde eine "Nutte" genannt und mein Vater ein "Junkie"." Ihre Mutter gestattete Charlotte im Alter von gerade einmal vier Jahren, den Horrorfilm "Der weiße Hai" schauen, was jahrelange Alpträume nach sich zog, aber auch eine ausgeprägte Liebe zu Horrorfilmen. Und was den Vater angeht, so war enfant terrible quasi sein zweiter Vorname. Als die Tochter elf Jahre alt war, verbrannte Serge in einer Fernsehsendung einen Geldschein. Die Reaktionen in der Schule blieben nicht aus. Am Tag darauf verbrannten Mitschüler ein Bild, das Charlotte gemalt hatte. Aber nicht nur Vater und Mutter sorgten für Aufregung. Charlotte war gerade 15, als sie selber ihren ersten handfesten Skandal hatte. In dem Film "Charlotte for Ever" hatte sie eine erotische Beziehung mit ihrem Vater Serge, der gleichzeitig als Hauptdarsteller und Regisseur fungierte. Vier Jahre später starb der Vater. Da war die Tochter gerade 19.

Bis heute ist Charlotte Gainsbourg, la fille éternelle (die ewige Tochter), eines der besten Beispiele dafür, wie schwer es ist, das Kind berühmter Eltern zu sein. Die Erfahrung hat sie geprägt. Wenn man sie erlebt, ihre Filme sieht, ihre Alben hört, die sie neben der schauspielerischen Arbeit aufnimmt, stellt sich in keinem Moment das Gefühl von Leichtigkeit ein. Es sind vielmehr Schwere und Düsternis, die sich breit machen. Und das liegt nicht nur an Lars von Trier, mit dem sie gleich zwei Filme drehte: "Antichrist" und "Melancholia". Die Texte ihres jüngsten Albums "Rest", das im November 2017 erschien, handeln von Tod, Verlust, aber auch von Kindheit. Charlotte hat es ihrer Schwester Kate Barry gewidmet, die 2013 beim Sturz aus dem Fenster ihrer Pariser Wohnung starb. Kurz nach ihrem Tod ging Gainsbourg mit Partner Yvan und den Kindern von Paris nach New York. Dort lebt sie bis heute. Dort lenke sie nichts von ihrer Trauerarbeit ab, sagte sie mal. Musikalisch wendet sich Gainsbourg auf "Rest" übrigens jenem Stil zu, den ihr Vater einst perfektioniert hat: dem Chanson der lasziven Art. Sebastian Akchoté, der das Album überwiegend geschrieben und produziert hat, lässt die Songs mal im 80er-Jahre-Funk-Kleid, mal im sphärischen Pop-Gewand daherkommen. Die Künstlerin selber beschreibt es so: "Ich wusste, dass ich für diese Songs den unterkühlten Klang der Elektronik bevorzuge, weil das den perfekten Widerspruch zu meiner kleinen Stimme und den intimen Texten bietet. Ich erscheine immer als so sanfte Person, und deshalb wollte ich als Kontrast dazu den Klang lauter Beats, so wie in den Soundtracks von Horrorfilmen." Und Horrorfilme liebt sie. Bis heute.

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