Auch Kinder können Leben retten
Den Moment wird Julia Sohn so schnell nicht vergessen. Sie sitzt mit ihrer neunjährigen Tochter beim Essen, als dieser eine Kartoffel im Halse stecken bleibt. "Sie schaute mich an, sagte kein Wort, sondern gab plötzlich ein gurgelndes Geräusch von sich."
Die Unternehmerin zögert nicht lange, denn sie weiß, was zu tun ist. Mit dem sogenannten Heimlich-Griff löst sich die Kartoffel. Das Kind ist gerettet.
Klingt einfach, die junge Mutter weiß aber auch: "Hätte ich das nicht beim 1. Hilfe-Kurs für Eltern gelernt, wäre die Situation vielleicht nicht so glimpflich ausgegangen." Aber darüber mag sie eigentlich gar nicht nachdenken.
Frank Himmelmann nickt. Der 44-Jährige Berufspädagoge hat selbst im Rettungsdienst gearbeitet, ist als Notfallseelsorger unterwegs und gibt Seminare für Rettungskräfte. Und unter anderem auch für junge Eltern.
Jetzt geht Himmelmann noch einen Schritt weiter und unterrichtet auch Kinder in Erster Hilfe. "Wenn es Opa nicht gut geht" ist der Kurs überschrieben. Kinder ab sechs Jahren lernen in kleinen Gruppen Wichtiges für den Ernstfall.
Himmelmann weiß aus seinen Erfahrungen im Rettungsdienst: "Kinder stecken Krisensituationen weg. Sie brauchen Informationen und spielen dann weiter!"
In seinem Kurs lernen sie spielerisch, was zu tun ist, wenn beispielsweise Opa oder Oma plötzlich zusammenklappen. Wichtigster Schritt: "Die 112 anrufen!"
Klingt simpel, aber der Pädagoge sagt: "Die Kinder machen das. Erwachsene machen meist alles andere. Sie rufen beim Hausarzt an oder jemand anders."
Deshalb sein Tipp für alle: "Schreiben Sie sich die 112 ans Telefon!" Viele wüssten gar nicht, dass unter dieser Nummer auch der Rettungsdienst zu erreichen ist, nicht nur die Feuerwehr im Brandfall.
Die Kinder lernen im Idealfall, die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes zu überbrücken. "Wenn sie im Notfall sofort anrufen und es auch noch schaffen, die erkrankte Person auf die Seite zu legen, können die Kinder wirklich Leben retten!"
Das Anrufen bei der Feuerwehr wird im Kurs ebenso geübt wie das auf die Seite legen. Sie erfahren, was in einem Verbandskasten steckt und üben das Anlegen von Verbänden.
"Immer ganz spielerisch", sagt Himmelmann. Selbst der Einsatz eines Defibrillators wird mit Hilfe einer Puppe geübt. "Wenn das jemand macht, dann Kinder."
Angeboten wird der neue Kurs im "Krabbelreich" von Julia Sohn. Und nach ihren eigenen Erfahrungen mit dem erfolgreichen Einsatz des Heimlich-Griffs ist sie sich mit Frank Himmelmanneinig: "Dieses Projekt ist uns sehr wichtig!"