Brauerei-Chefin will Gastronomie-Perspektive „Ich bin wütend“
Thea Ungermann, Geschäftsführerin der traditionellen Schumacher Altbier-Manufaktur, ist geladen: „Manchmal würde ich auch gerne auf die Straße gehen und demonstrieren! Dann würden die Existenzängste und Sorgen der Gastronomie und der dort Beschäftigten mehr Beachtung finden.“
Momentan zählt die älteste Hausbrauerei Düsseldorfs nach eigenen Angaben noch 115 Mitarbeitende. Vor Corona waren es 177. Einer davon ist Rosham Badagami (Spitzname: Uttam). Ein 17-jähriger Mann aus Nepal war 1990 fest entschlossen sein Land zu verlassen. Deutschland hatte in jenem Jahr die Weltmeisterschaft gewonnen, das musste ein gutes Land sein, entschied der fußballbegeisterte junge Mann. Hier angekommen, bewarb er sich bei der damaligen Chefin Gertrud Schnitzler-Ungermann in der Brauerei. Sie und ihr Mann Wolfgang stellten ihn ein. Uttam fing als Spüler „Im Goldenen Kessel“ an.
„Das sind die guten Geister im Hintergrund, ohne Spüler funktioniert sozusagen nichts in der Gastronomie. Sie sind wichtige Glieder im Zahnrad des Unternehmens“, sagt Thea Ungermann heute. Mehr als 30 Jahre später gehört Uttam immer noch zum Schumacher-Team und arbeitet dort seit 1996 als erfahrener Koch. Er hat längst eine eigene Familie und erwachsene Kinder.
Eine enge Freundschaft, berichtet Ungermann, verbindet Uttam mit Xhemajl Dibrani, von allen James genannt, in der Brauerei-Küche. James habe vor 30 Jahren, in den schrecklichen Jahren des Kosovo-Krieges, sein Land verlassen und hier 1995 einen Job als Koch gefunden. Spräche man mit James, blitzten seine Augen vor Stolz auf seine Familie, denn sein Sohn hat gerade erfolgreich sein IT-Studium absolviert.
„Die harten Bedingungen in der Coronazeit lassen uns alle noch enger zusammenrücken“, so die Brauerei-Chefin. „Denn wenn MitarbeiterInnen nach mehr als 15 Jahren gehen, weil sie in Sorge sind, wie es für einen selbst und die Familie weitergehen soll, dann ist das ein trauriger Abschied.“
Lockdown, Kurzarbeit, immer wieder werde es der Gastronomie besonders schwer gemacht. „Die Situation macht mich traurig, fast wütend. Es wird über die harte Situation der Gastronomie gesprochen, aber zu wenig gemacht. Die Sorgen und Nöte sind erdrückend – die Preise steigen. Unsere Branche braucht eine Perspektive. Wir versuchen zu helfen, hören zu, aber wir allein können keine Perspektive geben“, führt Thea Ungermann weiter aus. Denn es stellten sich Fragen: Wenn es irgendwann so etwas wie einen Normalbetrieb gibt, wird dann Personal zurückkehren, neues Personal gefunden? Es brauche Anreize, um die Branche am Leben zu erhalten. Dennoch: „Wir wollen uns nicht unterkriegen lassen, dass hat meine Großmutter Thea schon im Krieg nicht mit sich machen lassen und meine Mutter in Jahren der Wirtschaftskrisen auch nicht. Also Ärmel hochkrempeln, Krönchen richten und weitermachen - am liebsten mit Vollgas und aus vollem Herzen“, will Thea Ungermann trotzdem optimistisch bleiben.