Chilly Gonzales spielt in der Tonhalle zwei Konzerte an einem Tag Im Superhelden-Kostüm
Es gibt einen feinen, aber entscheidenden Unterschied zwischen Morgen- und Bademantel. Findet Chilly Gonzales. In den Bademantel schlüpfe man, wenn das Tagwerk, in seinem Fall meist Abendwerk, vollbracht ist.
Nach getaner Arbeit also.
Udo Jürgens hat das so gemacht. Er kehrte zu den Zugaben stets in weißem Frottee zurück und signalisierte seinem Publikum damit: Wir sind unter uns. Ihr seid mir vertraut. Ihr könnt alles von mir haben, fast alles.
Gonzales hingegen streift seinen Morgenmantel nicht erst gegen Ende des Konzerts über. Er hat ihn vielmehr, kombiniert mit Schluppen, das komplette Set über am Leib. "Den Morgenmantel trägt man, wenn man Menschen in seinem Salon begrüßt", verriet Gonzales jüngst in einem Interview. "Er ist intim und doch formell. Respektvoll. Ich sage damit: Du bist in meinem Salon willkommen. Er ist das einfachste Superhelden-Kostüm überhaupt. Er ist meine Entertainer-Uniform."
Am 29. März nun kommt der Entertainer, der Superheld, Chilly Gonzales eben, nach Düsseldorf. Ist nicht weit, er wohnt ja mittlerweile in Köln, der Liebe wegen. Ein Konzert war ursprünglich in der Tonhalle vorgesehen. Weil aber nun die Tickets so schnell vergriffen waren, hat man kurzerhand noch ein zweites anberaumt. Am gleichen Tag, nachmittags. So greift Gonzales um 16 Uhr in die Tasten, macht ein kleines Päuschen, um gegen 20 Uhr abermals am Flügel Platz zu nehmen.
Es ist eine erstaunliche Entwicklung, die der Kanadier in den vergangenen Jahren durchgemacht hat. Als rappender Elektronikmusiker tingelte er einst durch die Lande. Auf einer von seinem damaligen Label anberaumten Pressekonferenz trug er einen rosafarbenen Anzug und ernannte sich selbst zum "Präsidenten des Berliner Untergrunds".
Er war nah dran an der wilden Peaches und der zarten Feist. Und seit einigen Jahren beehrt er nun die klassischen Konzerthäuser, die Tempel des Bildungsbürgertums, um die ihm eigene Melange aus Klassik, Pop und Jazz an den Mann respektive an die Frau zu bringen. Für Düsseldorf hat er, so war im Vorfeld des Gigs zu vernehmen, eigens eine Version von Kraftwerks "Das Model" einstudiert.
Darauf darf man ebenso gespannt sein wie auf die musikalische Weiterbildung, die er seinem Publikum stets angedeihen lässt. Regelmäßig holt der Entertainer spontan Zuschauer auf die Bühne, um mit ihnen innerhalb von kürzester Zeit ein Stück Musik entstehen zu lassen, aufgebaut aus der einfachen Wiederholung dreier Töne plus einer winzigen Variation. "Masterclasses" nennt Gonzales das. Der Master, ist klar, ist er.
Des Meisters letzter Auftritt in der Landeshauptstadt ist gar nicht lange her. Im November untermalte der Kanadier unterstützt von einem Streich-Quartett — die Vernissage zu Jan Böhmermanns Ausstellung "Deuscthland" im NRW-Forum. Böhmermann zeigte sich seinerzeit verärgert über "diese ganzen besoffenen Vollidioten, die absolut null Respekt gezeigt haben, dass da jetzt gerade ein Künstler auf einem Steinway-Flügel spielt und die ganze Zeit die Korken von ihrem Bier haben knallen lassen". Das sollte in der Tonhalle anders werden.
Zum einen weil das Publikum gezielt wegen Herrn Gonzales kommt. Zum anderen sind im Mendelssohn-Saal Getränke ohnehin nicht erlaubt. Es wird also kein Ploppen ertönen, das die wunderbare Musik des Chilly Gonzales stören könnte.
! 29.3., 16 & 20 Uhr, Tonhalle, Ehrenhof 1, Düsseldorf, tonhalle.de, für das Konzert um 16 Uhr sind noch Tickets zu haben