Kirchenaustrittswelle - Evangelische Gemeinde: „Überleg mal!“ Frohe Botschaft?

Immer mehr Menschen verlassen die, wegen der schleppenden Aufarbeitung von Missbrauchsfällen besonders in der Kritik stehende katholische, aber auch die evangelische Kirche in Düsseldorf. Mahr als 6000 waren es aus beiden Konfessionen 2021 - Rekord. Doch auch den Protestanten weht - das zeigte die Diskussion um die Finanzierung des Kirchentags 2027 in der Stadt - zusehends der öffentliche Wind ins Gesicht. Dort reagiert man jetzt...

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„Anstatt die Entwicklung lediglich zu beklagen, haben wir gemeinsam mit Kommunikationsexperten eine Kampagne entwickelt, die gute Gründe zeigt, in der Kirche zu bleiben“, verlautet es aus den Evangelischen Kirchenkreisen Düsseldorf und Jülich. „Kirchenaustritt? – Überleg‘ noch mal!“ ist die digital orientierte Botschaft überschrieben. Ob es eine frohe wird?

Die Vorgehensweise: Wer über das Verlassen der Kirche nachdenkt, findet unter www.evangelischfuerdich.de Info-Filme rund um den Kirchenaustritt – kurz, verständlich, anschaulich und in einfacher Sprache. In einem zweiten Schritt wird die Kampagne in den gängigen sozialen Medien, also bei Facebook, Twitter, Instagram und TikTok eingestellt. Zu der Information, wie ein Kirchenaustritt funktioniert, gibt es Antworten auf folgende Fragen: Was geschieht mit der Kirchensteuer? Welche Aufgaben erfüllt die Kirche, die auch dem Allgemeinwohl dienen? Welche Rechte und Möglichkeiten bietet eine Kirchenmitgliedschaft?

Außerdem werden in kleinen Mini-Reportagen verschiedene Handlungsfelder der evangelischen Kirche beschrieben. Und Menschen erzählen von ihren persönlichen Erfahrungen mit der Kirche und warum sie ihnen wichtig ist. „Jenseits von Moralisierung und Verurteilung der Austrittswilligen regen die kurzen Filme zum Nachdenken an“, so ein Gemeindesprecher.

Beim Bundesverband der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) in Düsseldorf fühlt man sich derweil in den eigenen Forderungen nach einer Veränderung der Struktur innerhalb der Kirche bestätigt. 359.338 Menschen haben die katholische Kirche 2021 bundesweit verlassen – über 130.000 Personen mehr als im Jahr zuvor. Darunter wären auch kfd-Frauen, die zwar der Kirche den Rücken kehrten, nicht aber ihrem Glauben. „Das Ringen um eine zukunftsfähige Kirche ist wichtiger denn je“, sagt Mechthild Heil, Bundesvorsitzende der kfd. In dem Zusammenhang sei es hilfreich, Themen, die gesellschaftlich längst verankert sind, auch in der Kirche zu leben, etwa die Gleichstellung von Frauen und Männern sowie die Anerkennung der Vielfalt von Lebensformen. „Es ist unerklärlich, weshalb man scheinbar lieber an alten Strukturen festhalten will und gleichzeitig über die Kirchenaustritte jammert“, so Heil.

Die evangelische Gemeinde in Düsseldorf will das nicht mehr tun. Moralische Unterstützung kam in dieser Woche vom Stadtrat. Der nämlich hat beschlossen, die Durchführung des Evangelischen Kirchentags im Mai 2027 in Düsseldorf mit Zuschüssen sowie Sachleistungen in Höhe von 5,8 Millionen Euro zu unterstützen. „Der Kirchentag steht genau wie unsere Stadt für Offenheit und kulturelle Vielfalt – Werte, die uns wichtig sind und die wir nach außen tragen möchten“, so Stadtdirektor Burkhard Hintzsche. Im Auswahl-Prozess hatte Düsseldorf keine weiteren Mitbewerber...