Tony Cragg bricht im Kunstpalast Museumsregeln Fassen Sie das an!
Wie fühlt sich weltbekannte Kunst an? In der Ausstellung „Please touch!“ im Kunstpalast ist es nun erlaubt, die Skulpturen des renommierten Bildhauers Tony Cragg zu berühren, zu erfühlen. Ein Regelbruch als Attraktion - mit ausdrücklicher Erlaubnis des Engländers mit starkem Düsseldorfer Bezug.
Es ist nicht so, dass Tony Cragg nun meint, Kunstobjekte müssten grundsätzlich berührt werden, um sie wirklich zu erleben. Im Kunstpalast, wo bis 26. Mai seine Ausstellung „Please touch“ unmissverständlich eben dazu auffordert, die Hände auf und an seine Werke zu legen, erzählt er eine Anekdote: Erst neulich habe er an den Uffizien in Florenz eine Gruppe Touristen gesehen, die in mehreren Reihen vor einer Statue des Barockmalers Caravaggio standen. „Sie starrten sie bloß an, intensiv. Dann ging die erste Reihe weg, die zweite rückte vor - und guckte wieder. Auch das ist Teilhabe an Kunst.“
Im Kunstpalast werde jetzt eine unangefochtene Regel im Museumsbetrieb ausgesetzt, sagt Generaldirektor Felix Krämer, der die Schau mit Cragg zusammen kuratierte: „Eigentlich ist es aus konservatorischen Gründen tabu, ausgestellte Objekte mit bloßen Händen anzufassen. Berührungen hinterlassen Spuren und Schäden durch Abrieb oder chemische Reaktionen. Doch hier wagen wir ein Experiment.“ Cragg, der lächelnd bestätigt, das er für diese Versuchsanordnung die Erlaubnis erteilt habe, erläutert: „Für einen Bildhauer verändert sich sein Werk, solange er es unter seinen eigenen Händen hat. Danach heißt es Stop!“ Doch hier veränderten sich seine Arbeiten mit jeder weiteren Berührung. „Aber hey, ich wurde so oft mit dem Wunsch von Menschen konfrontiert, meine Kunst berühren zu dürfen - bitte, die Gelegenheit ist da“
Tony Cragg, 1949 in Liverpool geboren, lebt seit 1977 in Wuppertal. Er fokussierte sein Studium ab 1973 am Royal College of Art in London schnell auf die Bildhauerei. Von 1978 bis 2016 lehrte Cragg an der Düsseldorfer Kunstakademie, mehrere Jahre als deren Direktor. Er stellte seine Werke in den wichtigsten Museen der Welt aus, im MoMa in New York, der Tate Collection in London oder dem Centre Pompidou in Paris.
Es ist die erste umfangreiche Präsentation in einem Museum, die die Besuchenden explizit dazu einlädt, sämtliche Skulpturen zu ertasten, Linien nachzuzeichnen und Konturen zu erspüren, heißt es von Seiten des Kunstpalastes. „Die Kälte von Stein trifft auf die Wärme von Holz, die Glätte von Glas auf die Härte von Stahl“, beschreibt das Felix Krämer. Cragg ergänzt: „Es ist eine Auseinandersetzung mit Materialien, die wir im Laufe unseres Lebens berühren. Hinzu kommt der Klang, die Oberflächentextur.“ Dennoch: Anschließend müsse man in Zusammenarbeit mit dem Künstler alle Werke überarbeiten. Wer denn dies bezahle, lautet eine Abschlussfrage. Cragg grinst in Richtung Krämer: „Haben wir darüber schon gesprochen...?“