Capitol Theater Mit Räuber Hotzenplotz zum Mond

Er ist der gefährlichste Räuber des Landkreises, des Umkreises, des Erdkreises. Und seit kurzem auch weit darüber hinaus.

Mit der Pfefferpistole in die Schwerelosigkeit: Seppel, Räuber Hotzenplotz und der Kasper.

Foto: David Baltzer

Und das kommt so: Eigentlich saß Räuber Hotzenplotz, nachdem er die Kaffeemühle von Großmutter geklaut hatte, im Spritzenhaus ein. Ein Verdienst, den sich der blitzgescheite Kasperl und der gutgläubige Seppel auf die Fahne schreiben dürfen, denn allein sie haben den Räuber überlistet und schließlich dingfest gemacht. Der allerdings kann bald entkommen und schwört Rache. Und schlimmer noch: Rach-he! Doch weil sich Seppel lieber ausruhen statt noch einmal auf Verbrecherjagd gehen möchte, wünscht er den raubeinigen Räuber samt seiner Pfefferpistole kurzerhand auf den Mond. Eine turbulente Geschichte beginnt und führt das illustre Ensemble der Figuren von Otfried Preußler mitunter tatsächlich sogar bis auf den Erdtrabanten. Zumindest in deren und der Leserfantasie.

Das Buch "Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete", 1967 als vierter und letzter Teil der Erzählungen um den gerissenen Räuber erstmals veröffentlicht und 2017 durch die Tochter des Autors im Nachlass des Vaters wiederentdeckt, entführt in einer aktuellen Inszenierung in Düsseldorf nun Kinder ab 6 Jahren und ganze Familien fantasievoll zurück in die 1960er-Jahre. Eine Zeit, in der Schriftsteller Preußler sich zunächst monatelang vergeblich mit den ersten Ansätzen seines Jugendromans "Krabat" beschäftigt, dann jedoch zur Abwechslung "etwas Lustiges" schreiben will.

Hotzenplotz entsteht. Und mit ihm die Figuren, die, so der Autor, zu einem richtigen Kasperlstück gehören: Kasperl, Seppel, die Großmutter und Wachtmeister Dimpfelmoser, der tölpelhafte Polizist mit Pickelhaube. Generationen von Kindern sind seither mit den Erzählungen Preußlers aufgewachsen und selbst heute fasziniert der bärtige Räuber mit der Feder am Hut und der unvorteilhaft geschnittenen Dreiviertelhose durch seine raue und doch charmant einfältige Art. Besonders dann, wenn das Figurenquintett derart liebevoll zum Bühnenleben erweckt wird, wie derzeit durch das Ensemble des Düsseldorfer Schauspielhauses.

Unter der Regie von Robert Gerloff gerät die Geschichte Preußlers, bearbeitet und um einige Szenen von Schriftsteller John von Düffel erweitert, mit viel Witz von Beginn an enorm temporeich. Gar nicht verstaubt und mitunter schwerelos, auf jeden Fall mühelos leicht und rasant geben die Schauspieler Eduard Lind (Hotzenplotz), Natalie Hanslik (Kasperl) und Bernhard Schmidt-Hackenberg (Seppl) die Kernfiguren, die Lust machen auf die immerhin schon rund 40 Jahre alte Erzählung. Die hat indes bis heute an Faszination nichts eingebüßt und unterhält vorzüglich. Und dass sich in der Neubearbeitung sogar eine zarte Liaison zwischen der Großmutter, gespielt von Maria Perlick, und Wachtmeister Dimpfelmoser, den Pirmin Sedlmeir verkörpert, ergibt, ist regelrecht erfrischend. Und noch etwas ist toll: Mit ihrem Bühnenbild gelingt Gabriela Neubauer etwas Wunderbares. Sie integriert nämlich die vier Musiker, die jedem Protagonisten ein Lied widmen und die Inszenierung, die derzeit im Capitol Theater zu sehen ist, live vertonen, vorzüglich in das Bühnengeschehen.

Und so wird die Kulisse, einfach gehalten und dennoch facettenreich bunt, auch zu so etwas wie einem Abbild des Hotzenplotzschen Kosmos: Es ist das Überschaubare der Erzählungen und die Möglichkeit, den mit wenigen Strichen gezeichneten Figuren folgen zu können. Und dennoch ist es auch der enorme Schatz Fantasie, der die Geschichten um Räuber Hotzenplotz bis heute zu einem schönen Stück Literatur macht. Nicht nur für Kinder.

! bis 26.12., Capitol Theater, Erkrather Str. 30, Düsseldorf. dhaus.de

(Sven-André Dreyer, sad, sdr)