Märchenhaft "Hänsel und Gretel" im Opernhaus
Die Quelle für Wilhelm Grimms handschriftliche Urfassung von 1810 ist unbekannt. Erst 1856 notiert der Sprachwissenschaftler aus Hanau, der gemeinsam mit seinem Bruder Jacob nicht nur den Berufsstand der Germanisten begründet hat, sondern auch bereits zu Weihnachten des Jahres 1812 den ersten Band seiner Kinder- und Hausmärchen veröffentlichte, dass auch die Herkunft des Märchens "Hänsel und Gretel" auf "verschiedene Erzählungen aus Hessen" zurückzuführen sei.
Und wer einmal per Pedes im Nordhessischen unterwegs war, dann, wenn dort der Winter Einzug gehalten hat und die Täler, mit schwerem Nebel gefüllt, bleiern die Welt darunter, die weiten Felder und dunklen Wälder, bedeckt halten, der wird verstehen, warum Menschen ausgerechnet dort auf die Ideen zu derartigen Märchen kommen. So wenig pädagogisch anmutend die Märchen heute auch erscheinen mögen, so brutal und gruselig wirken sie in der Originalfassung mitunter bis in die Gegenwart. Gar nicht angsteinflößend hingegen kommt die gleichnamige Oper, empfohlen für Kinder ab acht Jahren, im Opernhaus Düsseldorf daher. In der Inszenierung von Andreas Meyer-Hanno und mit dem von Gerda Zientek gestalteten Bühnenbild wird die Geschichte zu einer Inszenierung für die ganze Familie. Bereits seit 1969 steht Engelbert Humperdincks Märchenspiel "Hänsel und Gretel" auf dem Spielplan der Deutschen Oper am Rhein und ist seither aus dem Spielplanangebot zum Jahreswechsel nicht wegzudenken.
Vor einigen Jahren frisch aufbereitet, bewahrt die modernisierte Inszenierung so bis heute ihren vitalen Lebensnerv. Die kürzlich noch einmal aktualisierte Bearbeitung durch Spielleiterin Esther Mertel schafft zusätzliche Modernität. Und auch wenn sie inhaltlich mitunter beachtlich vom Grimmschen Original abweicht: Der anrührende Charakter des Volksmärchens bleibt dem Stück dennoch erhalten. Dann etwa, wenn das Geschwisterpaar in den nahe gelegenen Wald aufbricht und, weil es den Weg nicht findet, nicht mehr zurückkehrt. Dann, wenn Hänsel und Gretel auf dem Ilsenstein der bösen Hexe in ihrem Knusperhäuschen begegnen und Hänsel, dargestellt von Anna Harvey, zu einem schmackhaften Festtagsbraten gemästet, und anschließend gebraten werden soll. Wie im Original, so gelingt es Gretel, gesungen von Sopranistin Sibylla Duffe, auch in der Oper durch einen Trick, die Hexe selbst in den Ofen zu stoßen und so das Leben der Kinder zu retten. Und mit ihnen werden auch alle Kinder, die von der Hexe zuvor in Lebkuchen verwandelt wurden, erlöst. Von ihrem Jubelgesang begleitet, schließen die Eltern ihre Kinder schließlich in die Arme. Eine rührende Geschichte und gerade in der kalten Vorweihnachtszeit zum Seufzen schön.
ab 30.11. Opernhaus, Heinrich-Heine-Allee 16a, Düsseldorf