Zauber und Poesie Der Fotograf Robinson Tilly im Interview

Robinson Tilly sucht das Magische in den Dingen und Orten, das Zeitlose, Statische oder sogar Monumentale. Der 1974 in Düsseldorf geborene Fotograf ist auf der Suche nach Ewigkeitsmomenten.

Eine der Stimmungen, nach denen Tilly fotografisch sucht: ein sommerlicher Blick auf Rügen.

Foto: Robinson Tilly

Dabei geht es ihm weniger um den Moment, als um die Stimmung, den Blickwinkel, die Wirkung von Räumlichkeit und vor allem die Schönheit — auch in seinen düsteren Bildern. Wir sprachen mit ihm.

Herr Tilly, nach einem Studium der Architektur in Köln und einem anschließenden Architekturmodellbau fotografieren Sie. Ihre Arbeiten zeigen architektonische Inhalte genauso wie Landschaften, Strukturdetails genauso wie zum Teil abstrakte Objekte. Wie gehen Sie bei der Suche nach fotografischen Inhalten vor? Was reizt Sie besonders, was überhaupt nicht?
Ja, suchen und sehen tun meine Augen eigentlich immer. Ich "scanne" meine Umgebung auf jedem Weg von A nach B — nach dem Motto "ich sehe was, was du so noch nicht gesehen hast".
Das "Was" kann dabei fast alles sein, solange es eine Art von Zauber oder Poesie hat, wobei ich mich eher auf unbewegte Inhalte konzentriere und gerne auch die dunkle Seite zeige. Mich reizen zum Beispiel räumliche Tiefe und plastische Formen, Dinge und Orte die beruhigend und beunruhigend zugleich wirken. Magisch. Schön. Dinge, die wie in der Zeit eingefroren sind. Ein Baum der wie ein Monument dasteht. Hingegen Bewegtes und Menschen eher nicht so.
Andererseits aber inszeniere ich auch, indem ich Objekte stilllebenartig zusammenfüge. Ich will nicht nur finden sondern auch erfinden. Dafür stehen zum Beispiel die Arbeiten mit den Skulpturen aus Tüten.

Nicht zuletzt durch Ihr Studium haben Sie sicherlich einen anderen Blick auf Objekte gewonnen. Profitieren Sie bei Ihrer Arbeit als Fotograf davon?
Ja, ganz bestimmt bin ich durch das Architekturstudium geprägt; erkennbar schon in den Motiven. Aber bestimmt auch in Sachen Klarheit, Bildaufbau und Komposition. Ich mag sowohl das Einfache, als auch die Komplexität. Architektur ist ja meist beides. Nur wenn ich beides auch im Bild habe, bin ich zufrieden.

Seidig-weich: roter Samt.

Foto: Robinson Tilly

Sie betreiben neben der Fotografie auch eine eigene Werkstatt für Bilderrahmungen. Wie wichtig ist der richtige Rahmen für eine Fotografie?
Oh, schöne Frage... Die Präsentation eines Bildes — sei es gemalt oder fotografiert — ist natürlich wichtig. Ein Rahmen muss den Inhalt schon unterstreichen, darf ihn hervorheben, muss in anderen Fällen aber auch zurückhaltend sein. Die kleinste Miniatur einer Museumsarchitektur sozusagen. Die perfekte Hülle. Manchmal ist auch gar keine Hülle besser. Je nachdem. Man kann mit einem Rahmen zaubern — oder alles versauen.

Viele Ihrer Arbeiten sind schwarzweiß, einige Ihrer Arbeiten wenigstens farbentsättigt. Wie wichtig ist Ihnen Farbe?
Hier ist die Antwort schwieriger... Die Frage ist immer, was am besten zur jeweiligen Szene passt und da verlasse ich mich auf mein Gefühl. Ich fotografiere alles in Farbe und entscheide hinterher. Oft weiß ich es aber vorher schon. Meist sind Gestalt, Licht und Struktur wichtiger und da würde Farbe nur stören. Manchmal aber sind die Farben das eigentliche Thema. Und außerdem freue ich mich grundsätzlich, wenn ich nach vielen Schwarzweiß-Fotos auch mal wieder ein farbiges sehe. Es belebt einfach.

Wird seine Arbeiten in diesem Jahr erneut in einer Ausstellung präsentieren: der Fotograf Robinson Tilly.

Foto: Elena Hill

Einige Ihrer Arbeiten zeigen Sie auf Ihrer Homepage, viele weitere posten Sie häufig auf Ihrem Instagram-Profil. Dort erfahren sie eine große Resonanz. Wie wichtig ist für Fotografen heute ein digitaler Auftritt?
Eine Homepage ist eine Visitenkarte — als Auftritt eher starr und einseitig. Soziale Netzwerke wie Instagram sind dagegen ja lebendige Orte. Zeigen und inspiriert werden durch andere. Man bekommt Feedback in einer Weise und Masse, die einem der Freundeskreis so nicht bieten kann. Für Fotografen recht passend. Das sieht aber bei weitem nicht jeder so. Viele Künstler würden sich nie im Leben in solch ein Haifischbecken begeben, vollgestopft mit mehr "Müll" als Plastik im Meer. Zeitfressend und hirnwaschend. Aber wem sowas liegt und wer es nicht übertreibt, der kann profitieren.

Im vergangenen Jahr zeigten Sie eine Auswahl Ihrer Fotos auf einer Gemeinschaftsausstellung in Oberkassel. Kann man Ihre Werke in absehbarer Zeit bald wieder einmal sehen?
Oh ja! Ich möchte und werde auch dieses Jahr wieder eine Ausstellung machen und meine Sachen schön groß an der Wand zeigen. Das macht Freude. Wahrscheinlich mal eine ganz eigene. Dazu habe ich viele Ideen in der Schublade. Außerdem wird es Veröffentlichungen geben. Im wunderbaren Literatur-Magazin "Wortschau" der Düsseldorfer Künstlerin Johanna Hansen werden in der Frühjahr-Ausgabe im Februar meine Fotos zu einem festen Thema neben den Gedichten und Geschichten verschiedener Schriftsteller gedruckt. Da bin ich schon mal sehr gespannt.

Robinson Tilly studierte Architektur und Architekturmodellbau.

Foto: Robinson Tilly

Sie leben, mit Ausnahmen, seit Ihrer Geburt in Oberkassel. Gibt es linksrheinisch einen besonderen Ort? Einen, der Sie auch fotografisch reizt?
Abgesehen vom schönen Rheinufer gibt es das weitläufige Areal Böhler was mich immer wieder reizt. Je nach Licht und Tageszeit finde ich dort immer wieder Neues für's Auge. Das ist überhaupt ein Ort, an dem ich gerne spazieren gehe... der ja auch kulturell wächst und immer mehr zu bieten hat.

Kontakt und weitere Informationen unter robinson-tilly.de und instagram.com/robinsontill.y.

(Sven-André Dreyer, sdr)
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