Hellsehen — Zurück in die Zukunft

Es gibt sie überall. Ob im Fernsehen, in der Düsseldorfer Altstadt oder online auf Questico.de.

Die Rede ist von Hellsehern, Kartenlegern und anderen mystischen Personen, die anbieten, einen Blick in die Zukunft gewähren zu können. Der Wunsch, die Zukunft vorherzusagen, ist so alt wie die menschliche Fantasie. Das Geschäft mit der Hellseherei boomt, auch wenn nur selten offen darüber gesprochen wird. Denn in den meisten Fällen hat man im selben Atemzug kritische Stimmen auf der Agenda. Dass es aber bei fast jedem Menschen das Bedürfnis gibt, etwas über seine Zukunft zu erfahren, wird in der häufig von Rationalität bestimmten Diskussion gerne ausgeblendet. An diesen Punkt setzen aktuell amerikanische Wissenschaftler an, die behaupten, mit Hilfe von Big Data die Welt von Morgen kennen zu können. Genauer geht es um Kalev H. Leetaru, der an der Washington University lehrt.

Ihm steht neben einem Stipendium von Yahoo auch die Unterstützung durch Google zur Verfügung. Seine Forschung umfasst Fernseh-, Print- und Webnachrichten, bei Letzteren sind es überwiegend Tweets aus 140 Ländern der Erde, die analysiert werden. Die Ergebnisse werden auf der Seite des GDELT Project (Global Database of Events, Language and Tone) visualisiert dargestellt. Mit einem Regler lässt sich die Entwicklung der letzten 180 Tage nachvollziehen. Auf einer Weltkarte werden Gewalttaten gegen Bürger in Rot oder aber aller Wahrscheinlichkeit nach aufkommende Proteste in Lila, dargestellt.

Laut eigenen Angaben befinden sich knapp eine halbe Milliarde Informationen, die von 1979 bis in die Gegenwart gesammelt wurden, auf der Seite. Dem Ganzen liegt der Gedanke zugrunde, dass man seine Vergangenheit kennen muss, um auf seine Zukunft schließen zu können. Geschichte wiederholt sich eben. Ganz ähnlich ging bereits im Mittelalter der französische Wissenschaftler Nostradamus vor, der mit seinen im Vergleich zu heute bescheidenen Mitteln ebenfalls den Blick in die Zukunft wagte.

Letztlich ist das System von Leetaru im besten Fall so aussagekräftig wie die Daten, mit denen es gespeist wird. Gerade Daten aus dem Web neigen dazu, einseitig zu sein, was das Zukunftsbild verzerrt. Am Ende bleibt es also — wie die mystische Hellseherei auch — eine Frage des Glaubens und der Auslegung. Die Zukunft wird es zeigen.