Stadtradeln Nur ein Pedal vorm Nervenzusammenbruch
Sage mir, wann du fährst, und ich sage dir, ob Radeln glücklich macht! Morgens um 7 ist die Düsseldorfer Welt eher in Ordnung. Um 9 Uhr ist sie die Hölle.
Mittwochmorgens ist Schwimmtraining angesagt. Normalerweise eine sportlich ambitionierte aber auch entspannte Angelegenheit. Heute nicht! Stellen Sie sich die Schwimm-Autobahn im Düsselstrand wie die A 52 vor. Auf der linken Spur übt schonmal jemand für Tempo 30 auf der Luegallee, auf der rechten Spur wechselt jemand die Reifen.
Bei mir schwomm links einer junger Mann, der sich gerade auf dem steilen Weg vom Hundekraulen zum Seepferdchen befand, während sich rechts ein schlecht riechender Ultra-langsam-Schwimmer seinem persönlichen Rekord näherte.
Schwimmen ist gesund für Herz und Kreislauf? Ich sag' Ihnen die Antwort: Pfffft! Somit war der erste Adrenalin-Kick des Tages eigentlich schon abgehakt. Dafür ging es dann heute später auf den Sattel. Um Zeit zu sparen, machte ich dann das, was ich nie mache: über die Karlstraße zur Brücke fahren. Nach 200 Metern wusste ich auch wieder, warum ich hier eigentlich nie fahre.
Kurz hinterm Worringer Platz war die erste Vollbremsung fällig. Eine Fußgängerin war einfach auf die Straße gerannt. "Scheiß Fahrrad, ay!" Ich vermute zumindest, das sie das sagen wollte. Im Vollrausch leidet ja das Artikulationsvermögen. Und die Dame war definitiv voll wie eine Natter.
Zwischen Friedrich-Ebert- und Immermannstraße ging ein Hamburger auf Tuchfühlung. Was soll ich Ihnen sagen: Er versuchte seine Beifahrer-Tür an meinem Hosenbein zu reinigen. Einmal tief durchatmen und weiter geht's. Endlich Radweg.
Es dauert keine Minute, da materialisierte sich ein Taxi vor mir. Ich liebe mein Fahrrad. Vor allem die Bremsen. Erst auf der Brücke wird mein Puls wieder etwas ruhiger. Im Berufsverkehr ist Fahrradfahren wirklich kein Vergnügen.
Am Rhein ändert sich das langsam wieder. Die Luft ist klar, die neue Venetia Claudia Monreal joggt mir entgegen. Und dann wird auch dieses Fahrrad-Idyll jäh zerstört. "Steh!" Die Stimme der Hundebesitzerin ist klar und befehlsgewohnt. Dumm nur, dass das den weißen Terrier so gar nicht juckt. Der fühlt sich aufgefordert und rennt natürlich vor mein Rad. Und noch 'ne Vollbremsung. Wenn ich heute Rücken kriege, weiß ich wenigstens wovon.
Die Töle guckt mich an. Ich könnte schwören, sie feixt. Die Hundehalterin wendet sich betreten ab. Ich fahre resigniert weiter. Ist ja nicht mehr lang. Auf der Pariser Straße dann das heutige Sahnehäubchen. Ich werde von einem Baum angegriffen! Jawohl! Eine gemeine Rosskastanie bewirft mich mit ihren Früchten. Bringt mich auf die Gartenamtsleiterin. Die sagt immer, man darf nicht zwischen guten und bösen Bäumen unterscheiden. Ich sage: darf man nicht nur, muss man. Und Kastanien im Herbst, die sind böse. Zumindest, wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist!