Pfarrer Christian Nell-Wunsch wird „entpflichtet“ Nach dem Hadern
Pfarrer Christian Nell-Wunsch von der Evangelischen Kirchengemeinde Düsseldorf-Süd geht in den Ruhestand. Er sagt: „Menschen machen die Gemeinde aus“.
Zur Unterstützung des pastoralen Dienstes der damals noch fünf evangelischen Kirchengemeinden im Stadt-Süden wurde Christian Nell-Wunsch 2015 eingestellt und übernahm im Mai 2017 die durch den Weggang von Pfarrerin Kirsten Wolandt in den Iran freiwerdende Pfarrstelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Wersten. 2020 war diese mit der Gemeinde Holthausen zusammengelegt worden und heißt seitdem Evangelischen Kirchengemeinde DüsseldorfSüd.
„Ich habe mich immer besonders im Bereich der Pädagogik zuhause gefühlt“, sagt der gelernte Erzieher, der auf dem Zweiten Bildungsweg sein Abitur gemacht und anschließend Theologie studiert hat. So gestaltete er gemeinsam mit Ehrenamtlichen und den Erzieherinnen der Kindertagesstätten der Kirchengemeinde einmal im Jahr eine Kinderbibelwoche für Kinder im Vorschul- und Grundschulalter. „In diesem Jahr haben wir uns anhand der Geschichte von der ‚Arche Noah‘ mit dem Thema ‚Nachhaltigkeit‘ beschäftigt. Im Zentrum stand der Gedanke: Wir können selbst etwas verändern und werden auch dazu befähigt durch Gottes Geist, durch unsere Begabungen, unsere Talente, die wir mitbekommen haben“, sagt Nell-Wunsch. Ihm sei wichtig, das, was er predigt, auch selbst zu leben. So hat er sein Auto abgeschafft und bewegt sich mit dem Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln fort.
Christian Nell-Wunsch sieht sich als Pastor, lateinisch: Hirte, der gemeinsam mit der Gemeinde unterwegs und nicht ihr Verwalter ist. „Menschen machen die Gemeinde aus. Sie sind mit vielen Gaben ausgestattet, die gefördert und gefordert und herausgehoben werden können“, sagt er. „Ich sehe mich als Impulsgeber, Sortierer, Einberufer und manchmal auch als Befrieder und Versöhner.“ In seiner Funktion als Vorsitzender des Bevollmächtigtenausschusses, der die Fusion 2020 der beiden Standorte Wersten und Holthausen federführend begleitete, galt es, Entscheidungen zu treffen, die nicht allen in der Gemeinde gefielen, etwa die Reduzierung der Gottesdienste. Heute sagt er: „Wir sind als Gemeinde gestärkt aus der Fusion hervorgegangen. Denn durch die Aufgabe von Angeboten auf der einen Seite, wurde auf der anderen Seite die Erprobung neuer Gottesdienst- und Begenungsformen möglich, zum Beispiel das ‚Abendgebet to go‘ in der Klarenbachkirche.“
Eine tiefe persönliche Krise war für Nell-Wunsch 2019 der Tod seiner schwer erkrankten Frau Doris. Er entschied sich, die Gemeinde an seiner Trauer teilhaben zu lassen, sprach auf Nachfrage mit KonfirmandInnen und Gemeindegliedern über seine persönlichen Erfahrungen des Abschiednehmens, über das Gefühl der Leere nach dem Tod und über seine Traurigkeit und seinen Zorn auf Gott. „Ich bin sehr dankbar, dass ich den Glauben nicht verloren habe. Nach dem Hadern mit Gott, stellte sich ein unendliches Vertrauen in den göttlichen Beistand ein. Meine Gewissheit, weiterhin mit Gott verbunden zu sein, ist für mich ein Geländer, eine Tankstelle“, sagt der 63-Jährige.
Ganz viel Genuss ist für Christian Nell-Wunsch mit dem baldigen Ruhestand verbunden: „Aufzuwachen und zu gucken, was am Tag passiert, mich ganz viel draußen bewegen, alte Freunde wiedersehen und sowohl meine erwachsenen Kinder mit ‚Anhang‘ in der Nähe von Kopenhagen und in Berlin wie auch die meiner neuen Partnerin zu besuchen. Ein Riesengeschenk ist für mich, dass ich mich noch mal neu verlieben darf“.