Podiumsgespräch zum Schauspielhaus Buh-Rufe für den OB/ Geisel will 2.000 Euro spenden

"Ich bin Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf. Aber ich muss mehr im Blick haben als die Interessen des Schauspielhauses", erklärte Oberbürgermeister Thomas Geisel bei einer Podiumsdiskussion zur Zukunft des Schauspielhauses.

Podiumsgespräch im Central (v. li.): Architekt Christoph Ingenhoven, Generalintendant Wilfried Schulz, Moderator Michael Köhler, OB Thomas Geisel und NRW-Staatssekretär Bernd Neuendorf.

Foto: ho

Eingeladen hatte Generalintendant Wilfried Schulz ins Central an der Worringer Straße. Ebenfalls im Gespräch: Architekt Christoph Ingenhoven und NRW-Staatssekretär Bernd Neuendorf.

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Gleich zu Beginn gibt es von den über 400 Besuchern frenetischen Applaus für Wilfried Schulz, seit 1. August im Amt. "So ähnlich ist Jürgen Klopp in Liverpool begrüßt worden", stellt Moderator Michael Köhler fest.

Der Oberbürgermeister fühlt sich zunächst bemüßigt, zu erklären: "Die Behauptung, ich hätte vor, das Schauspielhaus abzureißen, war eine Fehlinterpretation einer Aussage von mir!" Das stehe völlig außer Frage. Es handele sich um einen städtebaulichen Leuchtturm. Aber: "Seit ich in Düsseldorf bin, verwahrlost das Gebäude im äußerlichen Zustand."

Architekt Ingenhoven bestätigt: "Das Haus ist nicht gut behandelt worden. Wenn man drum herum geht, kann man schon depressiv werden."

"Warum ist eigentlich zu, Herr Schulz", will Moderator Köhler vom Intendanten wissen. "Das hat erstmal gar nichts mit der Sanierung zu tun", erklärt Schulz. Vielmehr sei die Schließung dem verzögerten Start von Kö Bogen 2 und Tiefgarage geschuldet. "Ich gehe davon aus — nicht wahr, Herr Ingenhoven — dass wir im Herbst 2018 zurückkommen." Und Schulz fügt hinzu: "Es wäre pervers, wenn wir zweieinhalb Jahre draußen blieben, nichts passiert wäre und die Arbeiten am Haus dann erst beginnen würden."

"Ist aber doch eigentlich ganz hübsch hier?" Köhler meint das Central am Hauptbahnhof. Trockene Antwort von Schulz: "Vielleicht fragen Sie das Publikum dazu?" Er erklärt: "Das Central ist ein hervorragendes Proben- und Werkstattzentrum. Aber: "Wir sind es gewohnt, das man im Theater die Welt abbilden kann. Doch hier sind Inszenierungen eingeschränkt." Eine Ausnahmesituation, die auf die Knochen der Mitarbeiter ginge.

Es dauert nicht lange, da wird das wieder in Frage gestellt. "Wir brauchen eine Selbstvergewisserung. Ist es wirklich so, dass wir uns das Schauspielhaus nirgendwo anders vorstellen können? Die Erfahrung des Central zeigt, dass das auch Charme hat." Erste Buh-Rufe aus dem Publikum für Geisel. Kurz wirft er auch die Frage in den Raum, in wessen Trägerschaft eine Sanierung vorgenommen werden könnte. Weder auf dem Podium noch im Publikum gibt es dazu Nachfragen.

Dann betont der OB: "Das Schauspielhaus ist mir lieb und teuer." Es wird unruhig im Saal. "Ich bitte um Aufmerksamkeit", ruft Geisel ins Publikum. Um dann zu erklären, dass er Oberbürgermeister aller Düsseldorfer sei und mehr im Blick haben müsse als die Interessen des Schauspielhauses. Es sei nur eine Facette im Kulturleben der Stadt.

Der NRW-Staatssekretär übernimmt an diesem Abend die Rolle des Guten. "Die Vorschläge waren mit uns nicht abgestimmt. Im Nachgang gab es jetzt eine Reihe von Gesprächen. Unsere Position war immer klar." Mit der Erhöhung der Kosten für die technische Gebäudesanierung von 11 auf 21 Mio. Euro seien Stadt und Land jeweils mit knapp 5 Mio. beteiligt. Hilfreich sei es nicht gewesen, eine öffentliche Debatte zu haben, "in einer Situation, wo wir vom Finanzminister Geld brauchen!"

Weitere Zahlen liefert an diesem Abend Christoph Ingenhoven: 20 bis 25 Millionen Euro würde — nach seiner Aussage — der Neubau der Fassade kosten. 25 bis 30 Millionen die Sanierung der Fassade. Auf dieser Basis müsse man dann ganz genau schauen, um zu einer präzisen Kostenberechnung zu kommen. Aus seiner Sicht sei es möglich, dass das Haus bis Mitte 2018 bespielbar würde.

Denn: Die Tiefgarage könnte dann soweit fertig sein, Dach, Fassade und Eingang ebenfalls. "Und dann gibt es Dinge, die man während der Schließungszeiten in den Sommermonaten vornehmen könnte."

Der Oberbürgermeister ruft aus: "Christoph, dein Wort in Gottes Ohr!" Die Erfahrung habe ihn skeptisch gemacht. Er spricht von der Zwickmühle in der Politik. Wie die Gegner ihm den Vorwurf machen könnten, Geld fürs Schauspielhaus auszugeben, das dann weniger für Schulen vorhanden sei. Und erntet dafür jede Menge Buh-Rufe.

Immer wieder raunt es derweil auch durch den Raum: "Tour de France."

Schließlich meldet sich Wilfried Schulz noch einmal zu Wort. Die Reibung zwischen Konsum und Kunst, zwischen Kö Bogen, Schauspielhaus und Dreischeibenhaus — "das könnte ein europäisches Zeichen sein, eine riesige städtebauliche Chance werden. Kultur als Denkraum in Konsumzonen."

Er wünsche sich und allen Düsseldorfern, dass dort 2018 wieder Theater gemacht wird. "Und ich wünsche mir, Herr Geisel, dass wir beide dann auf dem Gründgens-Platz stehen, uns einmal drehen, feststellen, dass Ingenhoven einen ganz guten Job gemacht hat, während das Schauspielhaus von innen strahlt. Im Foyer singt ein Bürgerchor, und auf der Bühne wird ein kulturkritisches Stück von Elfriede Jelinek gespielt!"

Am Ende gibt's aus dem Publikum auch noch einen handfesten Vorschlag, um an Geld zu kommen: Spenden sammeln. Schauspielhaus-Urgestein Wolfgang Reinbacher will mit gutem Beispielt und 1.000 Euro vorangehen. Der Oberbürgermeister will 2.000 Euro geben. Am Donnerstag wird das Schauspielhaus Thema der Ratssitzung sein.

Gegen Ende gerät Thomas Geisel aber noch einmal in Rage. Er habe einen schweren Image-Schaden für die Landeshauptstadt mit seiner Debatte angerichtet heißt es aus dem Publikum. Eine Frau empfiehlt ihm, nicht so negativ ans Thema zu gehen. "Das hat bei Ihrem Einsatz für den Sport doch auch funktioniert. Schauspieler haben viel zu leisten, aber sie sind nicht gedopt!" Das mag er so nicht stehen lassen. "Die Tour kostet uns vier Millionen Euro. Das sind vier Tage, an denen jeder freien Zugang hat. Von den Sanierungskosten fürs Schauspielhaus könnten wir vier Mal einen Grand Depart veranstalten."

Nach zwei Stunden ist das Podiumsgespräch beendet. Die ersten Besucher zur Abendvorstellung kommen bald. Auf dem Programm: "Der Idiot."

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