Quereinsteiger mit Auge
Marcel Goncalves ging mit der Bundeswehr nach Afghanistan und stieg danach mit der Fortuna in die Bundesliga auf. Jetzt will der 32-Jährige in Kindergärten und Schulen Fußball-Talente entdecken und fördern.
Als Marcel Goncalves sich bei einem Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan schwer an der Schulter verletzte, musste er sich beruflich neu orientieren. Zufall und Glück halfen dabei. "Mein Vater ist Busfahrer und war krank. Er sollte die Mannschaft von Fortuna Düsseldorf ins Trainingslager fahren. Den Bus habe ich dann gefahren", erzählt der 32-Jährige.
Dank seiner Sprachkenntnisse verstand sich der gebürtige Portugiese Goncalves mit dem spanischen Verteidiger Juan Antonio González Fernández, kurz Juanan, blendend. "Das hat auch Norbert Maier bemerkt und befahl mir 'du weichst ihm nicht von der Seite'", berichtet Goncalves. Fortan war er als Dolmetscher engagiert, saß bei den Spielen des Zweitligisten mit auf der Bank. "Eine tolle Zeit, an die ich gern zurück denke, wenn ich Spiele der Fortuna im Fernsehen sehe." Mit Juanan freundete sich Goncalves schnell an. "Wir gingen essen, spielten Playstation, verbrachten viel Freizeit miteinander." In dieser Zeit lernte er auch die spanische Fußball-Legende Raúl kennen, der damals beim FC Schalke 04 kickte. Am Ende der Saison 2011/12 stand der Aufstieg in die Bundesliga. Stolz zeigt Marcel Goncalves seine Armbanduhr, die jeder Fortuna-Spieler und -Betreuer zum Aufstieg bekam — inklusive Gravur.
Danach verließ Juanan die Fortuna, Goncalves blieb ihr als Jugendtrainer erhalten, betreute die U9 und U10 gemeinsam mit Sven Schneider. Er selbst kickte maximal in der Bezirksliga, doch erwarb schon mit 14 Jahren seinen ersten Trainerschein.
Anfang des Jahres hat er sich selbstständig gemacht mit einer eigenen Fußball-Talentschmiede. "Langfristig ist es unser Ziel, in Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendheime zu gehen und die Kinder mit Fußball von der Straße zu holen", doziert er.
In mehreren Kindergärten und Grundschulen gibt er schon Fußball-Trainingsstunden. Er setzt auf kleine Gruppen und Spaß am Fußball. "Ich trainiere mit maximal acht Kindern und arbeite gezielt an den Schwächen jedes einzelnen. Zugute kommt ihm, dass er Trainererfahrung bei Fortuna Düsseldorf vorweisen kann. "Die Kinder hören dadurch viel aufmerksamer zu."
Dass er ein gutes Auge für die fußballerischen Fähigkeiten besitzt, hat er sich erst kürzlich selbst bewiesen. "Ich habe einen Scoutbericht über ein Nachwuchstalent geschrieben", erzählt Goncalves. Dieser Bericht landete über Dirk Wichmann, Vater des Kölner Profis Marcel Risse beim Chefscout des FC Arsenal London. "Und der hatte die gleiche Meinung von dem Spieler wie ich", sagt Marcel Goncalves mit strahlenden Augen.
Jetzt versucht der 32-Jährige aber erst einmal mit seiner Talentschmiede den Kontakt zu weiteren Düsseldorfer Kindergärten und Schulen zu knüpfen. Seine guten Beziehungen zur Fortuna kommen ihm dabei sehr zugute, wenn er Talente weiter vermitteln will.