Sankt Martin Im Interview "Bewahrt eure Tradition"
Sankt Martin reitet wieder. Und während die einen inzwischen Halloween viel attraktiver finden und die anderen es vorziehen, ein "Laternenfest" zu feiern, haben wir uns auf den Weg zur Martinssäule in der Altstadt gemacht, und mit Martin persönlich gesprochen.
So viel vorab: Er ist ein ganz Netter.
Eure Heiligkeit…
Junge Frau, ich darf doch sehr bitten! So spricht man nur den Papst an!
Sehen Sie es uns nach. Sie sind der erste heilige Interview-Partner in unserem Leben.
Verstehe. Ich denke, Martin ist in Ordnung. Nennen Sie mich Martin.
Sehr gerne. Also, Martin, Sie sind ja im Rheinland besonders beliebt. Wie erklären Sie sich das?
Nun, ich dachte immer, mein Kollege Sebastian sei hier besonders beliebt. Der hat als Schutzpatron der Schützen doch wesentlich mehr zu tun als ich. Und der hat ja auch viel mehr mitgemacht.
Wie meinen Sie das denn?
Na, der arme Kerl hat doch damals jede Menge Pfeile abbekommen. Ich glaube, ich war der erste Heilige, der nicht heldenhaft und qualvoll zu Tode kam. Ehrlich gesagt bin ich da auch ganz froh drum. So ein Haufen Pfeile im Körper muss irre schmerzen. Das ist echt nicht mein Ding. Ich bin ja eher der Typ: zupackend, geerdet und dabei immer schön nett und fair zu anderen Leuten. Sagen Sie mal, gibt's bei Ihnen in Düsseldorf nicht diese leckeren süßen Sachen zu meinem Ehrentag?
Sie meinen Weckmänner und Muzen? Na klar gibt's die noch. Die lieben wir auch. So wie die Martins-Lieder. Gibt's denn ein Lied, das Sie besonders mögen?
Naja, wenn ich jetzt spitzfindig wäre, würde ich ja sagen: In Düsseldorf höre ich am liebsten "Hier wohnt ein reicher Mann". Aber ich bin mir nicht sicher, ob ein spitzfindiger Heiliger gut kommt. Richtig schön ist "Ich geh‘ mit meiner Laterne", weil die Kinder beim "rabimmel rabammel rabumm" so viel Spaß haben.
Stört es Sie eigentlich, dass auch bei uns immer häufiger Halloween gefeiert wird?
Das fragen Sie als Rheinländerin? Das ist doch eigentlich ein bisschen wie Vorkarneval, finden Sie nicht? Mich stört es nicht. Lasst den Leuten doch ein bisschen Spaß in der dunklen Jahreszeit. Anschließend können sie doch auch wieder "rabimmel rabammel rabumm" singen.
Das hätten wir jetzt nicht von Ihnen gedacht.
Hallo! Ich bin zwar heilig, aber ich bin nicht weltfremd! Sagen Sie, haben Sie eventuell so einen Düsseldorfer Weckmann dabei? Ich mag ja am liebsten die mit der Pfeife.
Äh, leider nein. Was halten Sie denn davon, dass aus manchem Martinsfest inzwischen ein Sonne-, Mond- und Sterne-Fest wird mit Rücksicht auf die unterschiedliche religiöse Zugehörigkeit der Kinder?
Naja, wenn ich ehrlich bin — es ist sicherlich keine Tragödie. Aber als Mann von Prinzipien würde ich sagen: Bewahrt eure Tradition. Seid stolz auf sie. Und ladet alle ein, sie mit euch zu teilen. Ich hab‘ den Bettler ja damals auch nicht gefragt, welcher Religion er angehört.
Ach ja, die Sache mit dem Bettler. Wie war das noch gleich?
Der arme Kerl hatte kaum ein Hemd am Leib und es war lausig kalt. Was macht man da? Man sieht natürlich zu, dass ihm geholfen wird. Und die Mäntel zu meiner Zeit bestanden aus ziemlich viel Stoff. Also hab‘ ich mein Schwert genommen, zack, einmal in der Mitte durch, und wir hatten es beide warm. Ich verstehe eigentlich gar nicht, warum daraus bis heute so ein Bohei gemacht wird. Ist doch eigentlich selbstverständlich.
Sagen Sie mal, wieso hat ein heiliger Mann eigentlich ein Schwert?
Na, damals war ich ja noch nicht heilig. Mein Vater bestand drauf, dass ich Soldat würde. Später wurde ich dann Bischof von Tours.
Das nennen wir einen Karrierewechsel. Martin, wie sieht's aus, noch ein Wunsch?
Also ich hätte jetzt furchtbar gerne so einen Weckmann mit Pfeife. Der muss auch keinen Zuckerguss haben…
Wir meinten jetzt eher so mit Blick aufs Martinsfest?
Ich freue mich, wenn ihr mich in Ehren haltet, indem ihr einfach mal an andere denkt, die nichts haben. Und ich würde mich auch freuen, wenn beim Gripschen wieder mehr gesungen wird und sich die Eltern dabei ein bisschen zurückhalten. Da sind ja ein paar echte Lauschepper unterwegs.
Vielen Dank, Martin. Wissen Sie was? Ich hole Ihnen jetzt Ihren Weckmann.