Hexenprozesse am Niederrhein Die letzte Hexenjagd in der Stadt
Am 19. August 1738 erleben die Gerresheimer ein schauriges Schauspiel: Der Scheiterhaufen flackert licherloh. Helena Mechthildis Curtens und Agnes Olmans werden bei lebendigem Leib verbrannt. Damit enden vor 280 Jahren die Hexenprozesse am Niederrhein.
Helena ist 14 Jahre jung, als Gerüchte die Runde machen. Sie habe Geistererscheinungen gehabt. Sie selbst erzählt von ihrer Nachbarin Agnes Olman, sie sei eine Hexe. Regelmäßig besuche sie ein Mann, der sich "der Schwarze" nenne.
Johann Weyrich Sigismund Schwarz ist Richter des Amtes Mettmann, in dem Gerresheim damals liegt. Er hört von den Gerüchten und handelt. Anfang 1737 werden Helena Curtens, Agnes Olmans und zwei ihrer Töchter verhaftet. Hexerei, das ist ein Schwerverbrechen.
Schwarz übernimmt die Voruntersuchung in Gerresheim, bei der sich Helena Curtens als geständig erweist. Der Teufel habe sie besucht. Und nicht nur das. Sogar Geschlechtsverkehr habe sie mit ihm gehabt, Gegenstände durch die Luft fliegen lassen und sie habe an mehreren Stellen gleichzeitig sein können. Letzteres bestätigen Zeugen. Teufelsbuhlschaft, Tierverwandlung, Hostienschändung - was Helena von sich gibt, gleicht einem Himmelfahrtskommando. Die Nachbarin, die ihre Unschuld beteuert, zieht sie immer wieder mit hinein. Dennoch: Agnes Olmans leugnet, eine Hexe zu sein.
Im Mai 1737 lässt Schwarz beide Frauen der Nadelprobe unterziehen. Ihre Körper werden auf ungewöhnliche Stellen untersucht. Warzen, Muttermale - der Teufel steckt im Detail. Denn sticht eine Nadel in solche Stellen, und die Angeklagte spürt keinen Schmerz noch blutet sie, so ist dies ein untrügliches Zeichen für eine Hexe. Die Überprüfung ist bei Helena Curtens positiv.
Schwarz überstellt die beiden Frauen ans Hauptgericht Düsseldorf. Die gleichen Zeugen wie in Gerresheim werden vorgeladen und wiederholen ihre Aussagen. Curtens bleibt geständig. Der Teufel, so erklärt sie, suche sie auch während ihrer Haft in Düsseldorf auf. Sie leidet unter Tobsuchtsanfällen.
Agnes Olmans aber will immer noch nicht gestehen. Es kommt zur peinlichen Befragung. Der Begriff "peinlich" leitet sich ab vom Wort "Pein", einem alten Wort für Schmerz. Die peinliche Befragung, das ist Folter. Und die ist in diesem Fall zielführend. Agnes Olman gesteht, mit dem Teufel im Bunde zu sein. Für das Gericht ist klar: Olmans ist die Hauptschuldige. Sie hat Helena verführt. Am Ende sagt sogar der eigene Ehemann gegen sie aus.
Das Urteil wird im Sommer 1738 gesprochen. Wegen erwiesener Teufelsbuhlschaft und Gotteslästerung sollen die beiden Frauen den Tod auf dem Scheiterhaufen finden. Öffentlich, damit ihr Schicksal möglichst abschreckende Wirkung hat.
Man bringt Helena Curtens und Agnes Olmans zurück nach Gerresheim wo sie am 19. August 1738 bei lebendigem Leib verbrannt werden. Am Niederrhein der letzte Fall dieser Art.
1989 wird in Gerresheim - zwischen Dreher- und Schönaustraße - der Hexengedenkstein errichtet. Doch damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. 2011 wendet sich der Düsseldorfer Andreas Vogt an den damaligen Oberbürgermeister Dirk Elbers. Sein Anliegen: Die Rehabilitierung von Helena Curtens und Agnes Olmans. Bemerkenswerterweise gibt es zunächst Gegenwind. Juristisch ändert sich tatsächlich nichts. Beide Frauen bleiben Hexen. Doch es wird ihrer gedacht. Der Stadtrat distanziert sich vom Urteil. Und der Platz, auf dem der Hexengedenkstein steht, heißt seit 2012 "Helena-Curtens- und-Agnes- Olmans-Platz".
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