Musikalischer Seelentröster Gregory Porter in der Tonhalle Düsseldorf
Auf seiner aktuellen Tour zollt der US-amerikanische Jazz-Sänger Gregory Porter einem Kollegen Tribut, den er schon im zarten Alter von fünf Jahren zu seinem musikalischen Leitbild machte: Nat "King" Cole.
Mit dessen Liedern gastiert Porter am 2. Mai in der Düsseldorfer Tonhalle.
"Ich denke, es ist nur natürlich, dass ich zu den Quellen meiner Inspiration und zu meinen Ursprüngen zurückkehre", begründet der Mann aus Kalifornien die Hommage. "Diese Quellen waren meine Mutter und Gospelmusik und Nat King Cole." Dabei sind die Erinnerungen an seine vor rund 25 Jahren verstorbene Mutter und das musikalische Vorbild sehr eng miteinander verflochten. "Meine Mutter hat mir erzählt, dass ich, als ich fünf Jahre alt war, einen kleinen Song geschrieben hatte", erinnert sich Gregory Porter. "Ich nahm das Lied auf Kassette auf und spielte es ihr vor, als sie von der Arbeit nach Hause kam." Nachdem sie den Song gehört hatte, rief Ruth Porter begeistert aus: "Junge, du klingst wie Nat King Cole!" Das Kompliment machte den kleinen Gregory so neugierig, dass er sofort ihre Plattensammlung nach sämtlichen Aufnahmen von Nat King Cole durchforstete. Dort stieß er auf Songs wie "Pick Yourself Up" und "Smile" — und fühlte sich geradezu persönlich angesprochen.
In seiner kindlichen Fantasie betrachtete Porter, der mit seinen Geschwistern von der Mutter alleine aufgezogen wurde, den Sänger und Pianisten gar als eine Art Vaterersatz. Die Botschaften, die Cole in vielen seiner Lieder vermittelte, nahm er sich zu Herzen. "Lächle, auch wenn dein Herz schmerzt" aus dem Song "Smile" ist so ein gesungener Rat. Geschrieben von Charlie Chaplin für seinen Stummfilmklassiker "Moderne Zeiten", wurde das Stück in den Fünfziger Jahren von Cole interpretiert, der damit wiederum große Erfolge feierte. Der Song sei voller Optimismus und unverwüstlicher Liebe, hat Porter mal gesagt. Bereits 1998 hat er ihn erstmals für ein Nat-King-Cole-Tribute-Album eingesungen.
Mittlerweile findet sich "Smile" in einer neuen Version, mit einem groß angelegten Orchester-Arrangement von Vince Mendoza, auf Porters 2017er Album "Nat King Cole & Me" wieder. Bei der Auswahl der Songs ließ sich Porter in erster Linie von seinen Emotionen leiten: "Ich trug all die Lieder zusammen, die mir im Laufe der Jahre etwas bedeutet hatten. Nats Musik vermittelt mir Familiarität und hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Sie aufzunehmen war mir ein persönliches Bedürfnis."
Porter hat nach eigenen Angaben schon immer gesungen. Sogar beim Football. Durch den Mundschutz hindurch intonierte er leicht schmalzige Liebeslieder — und irritierte damit mutmaßlich so manchen Mannschaftskameraden. Ursprünglich wollte er mit dem Sport sogar seinen Lebensunterhalt bestreiten. Football-Profi, das war sein Plan. Seine Position: Outside Linebacker. "Da musst du groß und schnell sein und 300-Pfund-Typen aufhalten können", so Porter. 1,90 Körpergröße und ein beängstigend breites Kreuz schienen dafür nicht die schlechtesten Voraussetzungen zu sein. Eine schwere Schulterverletzung war es dann aber, die ihm einen Strich durch die Rechnung machte.
2010 feierte der Bariton seinen Durchbruch letztendlich auf einem ganz anderen Spielfeld. Gleich mit seinem Debütalbum "Water" wurde er erstmals für den Grammy nominiert. Ging er damals noch leer aus, konnte er für die Alben "Liquid Spirit" (2013) und "Take Me To The Alley" (2016) später zwei der begehrten Trophäen einheimsen.
Heute veröffentlicht Gregory Porter beim renommierten Label Blue Note Records. Längst gilt der Kalifornier, der stets eine dunkle Ballonmütze über einem Schlauchschal trägt ("Mein Jazzhead"), als einer der Großen des zeitgenössischen Jazz.
Porter bewahrt Traditionen, ohne dabei rückwärtsgewandt zu sein. In seinen gefühlvollen Balladen geht es um Themen wie Gott, Natur oder innige Mutterliebe. Aber auch zu Missständen bezieht er immer wieder klar Stellung. So erinnert er in dem Stück "1960 What" an die Rassenunruhen in Detroit 1960 und die Ermordung Martin Luther Kings — und schlägt damit nicht zuletzt auch einen Bogen zu seiner eigenen Biografie. Porters Bruder wurde 1980 angeschossen. In die Fenster der Familie flogen mit Urin gefüllte Bierflaschen. Und in ihrem Vorgarten wurden Kreuze verbrannt. Und das keinesfalls im Mittleren Westen, sondern mitten in Kalifornien. Derlei Erfahrungen haben bei Gregory Porter, so scheint es, keinerlei Bitternis hinterlassen. Vermutlich hat er an Nat King Cole gedacht. Und die Zeile "Lächle, auch wenn dein Herz schmerzt".
2.5., 20 Uhr, Tonhalle, Düsseldorf, tonhalle.de