Kickboxen Raus aus der Komfortzone
Wer beim Sport Dampf ablässt, tut dies gewöhnlich im übertragenen Sinne. Bei Farina Römling wird das jedoch zum Klangerlebnis. Jeder Schlag oder Tritt - wie der sprichwörtliche Dampfhammer - wird von einem stoßweise zischenden "phhh" begleitet.
Hier steht Kickboxen auf dem Programm...
Seit vergangenen Herbst gehört die Kampfsportart, bei der das Schlagen mit Füßen und Händen wie bei Karate oder Taekwondo mit konventionellem Boxen verbunden wird, zum Kursangebot bei "Pride Ladies".
Der Fitness-Club in Bilk, der ausschließlich Frauen vorbehalten bleibt, ist Kampfgebiet der 25-jährigen in Kaiserswerth geborenen Farina. Die staatliche anerkannte Bühnentänzerin ist seit 2010 in der Fitnessbranche im Einsatz, berät und trainiert als Personal-Coach unter anderem in den Bereichen Krafttraining, Bodybuilding und Ernährung.
Die Leidenschaft für fernöstliche Selbstverteidigungs-Sportarten transportiert die Enkelin eines italienischen Großvaters einmal wöchentlich in den Raum an der Aachener Straße. "Ich möchte Profi-Kickboxerin werden, habe einen eigenen Trainer." Ihr Enthusiasmus entlädt sich bei jeder Stil-Übung, die sie für den Fotografen vor dem Gespräch inszeniert. "Kickboxen ist eine Alternative für Frauen, die auf klassische Fitness keine Lust haben", sagt sie.
Aber damit keine Missverständnisse entstehen - es wird hart. "Unser Kurs ist sehr intensiv, sehr anstrengend, verbraucht aber in der einen Stunde mit 600 bis 1200 Kalorien viel mehr als andere Ausdauer-Sportarten in der gleichen Zeit." Römling erzählt von einem früheren Kurs an anderer Stelle, bei dem eine Person bei normalem Essverhalten und ohne Diät vier Kilo abgenommen habe.
Großen Wert legt die Trainerin auf die Feststellung, dass es für sie neben der physischen auch eine bedeutende psychische Komponente beim Kickboxen gibt. "Frau kann aus sich herausgehen, loslassen, Stress abbauen, Selbstbewusstsein entwickeln." Die Teilnehmerinnen würden nach den Kursen etwas ausstrahlen. "Ich glaube, dass sich das mit der Zeit auch aufs private Leben auswirkt, dass sie mehr Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen entwickeln." Und auch Frauen würden hart arbeiten wollen. "Dafür muss man aber auch raus aus der Komfortzone!"
Dass die Sportlerinnen hier unter sich bleiben, ist für Farina Römling ein zusätzlicher Vorteil. "Ich glaube, dass Frauen in gemischten Studios - gerade mit männlichen Trainern - etwas untergehen." Vor allem, wenn es sich wie in Bilk um Anfängerinnen handeln würde. "Für mich ist dieser Umstand aber eine zusätzliche tolle Herausforderung, diesen Sport zu vermitteln", sagt Farina Römling.
Es scheint bislang gut zu klappen. Die Teilnehmerinnen im Alter zwischen 16 und 60 Jahren seien durchweg begeistert, jede suche sich ihr Niveau. Römling ist dennoch gnadenlos: "Ich überfordere lieber, als dass ich unterfordere!" Ein bisschen Drill beim Aufwärmen, lautes Zählen bei Liegestützen oder Hampelmann inklusive.
Mit dem einen Kurs sieht sich die Kickboxerin in Bilker Fitness-Club erst am Anfang. In den kommenden Wochen möchte sie gerne einen zweiten etablieren, auf Sicht sind vier Kurse ihr Ziel. Augenblicklich umfasst ihre Kickbox-Gruppe rund 14 Personen.
Persönlich ist Farina Römlings Blick auf eine mögliche sportliche Kickbox-Profikarriere nicht stur geradeaus gerichtet. Nach Beendigung ihres laufenden Studiums an der Sporthochschule in Köln kann sie sich dort auch eine Fortsetzung als Dozentin vorstellen. Auch, weil sie über das Studium Einblick in viele neue Sportarten bekommen hat. "Irgendwann", lächelt sie, "möchte ich mich aber vielleicht doch eher mit einer eigenen Kampfschule selbständig machen."
Die Zeit ist fortgeschritten, ein weiterer Kickbox-Fitnesskurs steht auf dem Programm. Farina Römling muss sich noch aufwärmen. Gleich zischt erneut eine Reihe von "phhhs" durch den verspiegelten Kursraum. Bei der Verabschiedung fällt ihr noch etwas ein. "Wissen Sie, welches Feedback einer Teilnehmerin mir ganz besonders im Gedächtnis haften geblieben ist? Nach einigen Wochen Kickboxen sagte sie mir: 'Ich glaube erst an mich, seitdem du an mich glaubst.' Ehrlich - ich hatte eine Gänsehaut..."