Jugendliche beraten Jugendliche - eine neue Ausbildung startet „Zuhören klingt leicht“

Es geht um Liebesschmerz, Stress mit den Eltern, aber auch um Gewalt und das Sterben. Annica (22), Jakob (24) und Miso (22) sind drei von aktuell 14 ausgebildeten Jugendlichen, die über die „Nummer gegen Kummer“ jungen Menschen am Telefon und per Mail als Gesprächspartner dienen. Anonymität wird gewahrt, vereinzelt aber auch schon mal eine Pizza bestellt...

Jugendliche Beratende Annica, Jakob und Miso - „Darüber reden hilft“.

Foto: Anne Orthen (orth)

„Gespräche, in dessen Anschluss ein ‚Das hat mir geholfen‘ als Feedback kommt, sind die, an die man sich gut erinnert“, sagt Jakob. Er muss es wissen, ist bereits im siebten Jahr ehrenamtlich bei „Jugendliche beraten Jugendliche“ (JbJ) tätig. Relativ frisch dabei sind dagegen Annica und Miso. Letztere hatte für sich festgestellt, dass nach den Coronabeschränkungen „verstärkter Gesprächsbedarf“ bei vielen Altersgenossen bestand. Der Slogan des Düsseldorfer Kinderschutzbundes, der mit „Darüber reden hilft“ neue Leute für die Ausbildung zur Telefonberatung warb, sprach sie an. „Nun bin ich hier.“

Und sie ist gefordert, erzählt etwa, wie ein 22-Jähriger sich meldet, unheilbar krank. Sie sprechen über das Sterben. Miso sagt: „Bei solch schwierigen Themen ist es wichtig, offen und ehrlich zu sein, zu bekennen: Ja, das ist hart. Oft kommt man im Verlauf des Telefonats plötzlich auf ganz andere, auch leichtere Inhalte zu sprechen.“

Für Annica war die Motivation mitzumachen, zu helfen und die Tatsache, „dass es hier die Gelegenheit gibt, so viele Menschen mit so unterschiedlichen Themen persönlich zu sprechen.“

Im Schnitt dauern die Beratungen zwischen 5 und 10 Minuten, ernstere Inhalte nehmen auch mal eine Stunde in Anspruch. Wichtigste Themen sind Gesundheit, Familienprobleme (auch Gewalt) und Partnerschaft bzw. Sexualität. „Wir sind Erstkontakt, vermitteln Hilfe zu Selbsthilfe“, sagt Jakob. Persönliche Abgrenzungen seien wichtig, es gibt professionelle Berater im Hintergrund „auf die wir bei Bedarf zurückgreifen, Telefonate auch weiter geben.“

JbJ-Koordinator Bernhard Müller-Hildebrandt betont die umfassende Ausbildung der Jugend-BeraterInnen. „Wir setzen dafür erfahrene Coaches und Sozialpädagogen ein, wir besuchen Stellen wie die Kinderschutzambulanz oder Pro Familia, bieten während der Beratertätigkeit regelmäßige Fallbesprechungen und Supervisionen an.“

Oft ist es auch lustig, „dann kommen Scherzanrufe rein, die Pizza bestellen wollen oder nur ein Lied singen“, lächelt Jakob. „Da bleiben wir ansprechbar, denn wenn gemerkt wird, dass wir locker sind, melden die sich auch im Ernstfall wieder.“

Müller-Hildebrand schließt: „Grundvorraussetzung für den Job ist etwas, was so leicht klingt - Zuhören können.“