Lieber Weltfrauentag,

du entwickelst seltsame Blüten. Da werden am Morgen in der Innenstadt rote Rosen an Frauen verteilt. Da wird fröhlich gefeiert. Da wird gratuliert.

Foto: Melanie Zanin

Zu was denn? 100 Jahre Frauenwahlrecht? Dass wir keinen Mann mehr fragen müssen, wenn wir arbeiten gehen möchten? Dass wir den Partner oder die Partnerin unserer Wahl heiraten dürfen? Und uns wieder scheiden lassen können? Dass wir verhüten, abtreiben oder gebären dürfen — wie wir möchten? Dass Gewalt in der Ehe inzwischen ein Straftatbestand ist? Dass uns niemand gegen unseren Willen anfassen darf?

Alles großartige Errungenschaften der vergangenen 100 Jahre. Keine Frage.

Es gibt fantastische, starke, erfolgreiche Frauen. Keine Frage.

Aber: Armut bleibt weiblich. In Deutschland.

Der Sozialverband VdK schreibt: "Schaut man sich die Entwicklung beider Geschlechter an, hat der Anteil älterer Frauen in den letzten sechs Jahren deutlich stärker zugenommen. Von ihnen muss inzwischen rund jede Sechste jeden Cent zweimal umdrehen. Bei den über 80-Jährigen sind im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sogar überdurchschnittlich viele der Betroffenen weiblich (17 Prozent), während das Armutsrisiko bei den Männern mit 10,8 Prozent unter dem Durchschnitt liegt."

Zu den entscheidenden Faktoren gehören Elternzeit, Teilzeit- und Minijobs, die häusliche Pflege von Angehörigen und ein Leben als Alleinerziehende.

"Dem Statistischen Bundesamt zufolge waren 2015 rund ein Drittel aller Alleinerziehenden in Deutschland von Armut bedroht, noch mehr (40 Prozent) waren 2011 auf Leistungen aus der Grundsicherung für angewiesen", heißt es bei der Bundeszentrale für politische Bildung.

90 Prozent der Alleinerziehenden in Deutschland sind Frauen. Die dann in der Altersarmut enden.

Also ehrlich, lieber Weltfrauentag, lass das mit den Blumen. Wir feiern erst, wenn die Frauenarmut in Deutschland Geschichte ist.

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