Trettmann gilt derzeit als heißester Scheiß im deutschen HipHop Sachsenwitz, adieu!

Früher, ja, früher war alles anders. Ronny Trettmann war ein rappender Sachsenwitz. Nicht jeder fand ihn lustig. Aber der Reihe nach.

Aus Chemnitz in die Welt: Trettmann

Foto: °awhodat°

Ronny Trettmann heißt eigentlich Stefan Richter. Als solcher wird er 1973 in Chemnitz geboren, damals noch Karl-Marx-Stadt. Seine Jugend verbringt er im Wohngebiet Fritz Heckert, dem zweitgrößten Neubaugebiet der gesamten DDR.

Das Wohnen im Hochhaus bringt einen großen Vorteil mit sich: Ob der Höhe kann man Westradio empfangen. Schon früh begeistert sich der Chemnitzer für Reggae, Dancehall und HipHop. Während andere versuchen, ihren sächsischen Dialekt zu vertuschen, dreht er den Spieß kurzerhand um: Er beginnt, auf Sächsisch zu rappen.

"Mir fehlten im deutschen Reggae Leute, die über sich selbst lachen können", erklärt er sein Tun. Mit dem aus einer Bierlaune entstandenen Song "Der Sommer ist für alle da" landet er 2006 einen ersten kleinen Hit. Während andere plump kopieren und die rot-gelb-grüne Fahne in den Wind hängen, schafft Ronny Trettmann etwas Neues, ganz Eigenes. "Ist deine Ma auf Crack und sieht schon aus wie Freddy Krügorr / Zerlatsch ihre Pfeife, schütt‘n Eimer Wasser drüborr" heißt es in einem Song. Dass derartigen Klamauk nicht alle mögen können, nimmt er in Kauf.

2018 lebt Trettmann nicht mehr in Chemnitz, sondern in Leipzig. Er ist aber auch häufig in Berlin. Den Blödel-Ossi hat er sukzessive zu Grabe getragen, er firmiert nur noch unter Trettmann. Auch sein Sound hat eine Wandlung erfahren. Zusammen mit dem Produzentenkollektiv KitschKrieg hat Trettmann einen maximal zeitgemäßen Cloudrap-Sound geschaffen — sphärische Synthie-Klänge und Auto-Tune inklusive. Das 2017er Album "#DIY" wirkt fast wie eine künstlerische Wiedergeburt — und stößt bei Fans und Kritik auf ein sehr positives Echo.

Mit dem winzigen Produktionsteam von KitschKrieg gestaltet Trettmann alles selbst: Videos, Fotos, Partys, Öffentlichkeitsarbeit, T-Shirts. Dazu passend heißt es im Intro "Nur noch mit der Fam, brauch‘ keine Helfer / Die Welt ist arschkalt, wird immer kälter". Zur "Fam" gehören längst HipHop-Größen wie Marteria, Gzuz oder Haiyti. In Chemnitz ist Trettmann jetzt nur noch selten. Zu wenig Zeit. Ohnehin sind die Blocks, in denen er einst lebte, längst abgerissen. Trotzdem hat er es sich nicht nehmen lassen, seiner Heimatstadt einen Song zu widmen. Einen, der nichts weich zeichnet. Er heißt "Grauer Beton".

Im Refrain singt Trettmann "Seelenfänger schleichen um den Block rum / Machen Geschäft mit der Hoffnung / Fast hinter jeder Tür lauert‘n Abgrund / Nur damit du weißt, wo ich herkomm‘". Der Song ist überhaupt nicht witzig. Aber er berührt genauso, wie Musik berühren sollte. Bestenfalls.

! 19.3., 20 Uhr, zakk, Fichtenstr. 40, Düsseldorf, zakk.de, das Konzert ist ausverkauft