Flüchtlings-Zeiten

Omar schaut unergründlich. Ist es Trauer? Furcht? Wut? Fassungslosigkeit? Im Flüchtlingscafé Gerresheim erzählt der 31-jährige Agrar-Ingenieur von sich und von der Zeit in seiner Heimatstadt Qamischli in Syrien.Omar erzählt es Nedhal Murmeta, der Sprach- und Integrationsmittlerin.

Omar (r.), zusammen mit Freunden im Flüchtlingscafé an der Katharinenstraße; links neben ihm die Sprach- und Integrationsmittlerin Nedhal Murmeta.

Foto: schrö

Und die erzählt es mir.

Zwei-, dreimal in den nächsten Minuten legt Nedhal ihren Kopf mit der beeindruckenden Haarpracht in den Nacken, damit ihr die Tränen nicht aus den Augen schießen. Auch ihre Familie ist nicht zusammen; Angehörige leben im Irak. Deshalb kann sie so gut nachfühlen, was Omar gerade durchmacht.

Seit fünf Monaten lebt er in Deutschland. "Zuerst fliehen die Männer. Sie sind am stärksten bedroht." Inwiefern? "In Syrien musst du dich entscheiden: Entweder staatliches Militär oder Miliz - einen dritten Weg gibt es nicht."

Die Gegenwart ist die Hölle. Wegen der Bomben traut sich niemand aus dem Haus. "Jede Minute kann es eine Explosion geben." Er selbst musste mitansehen, wie vor seinem Haus ein Sprengkörper 15 Menschen tötete. "Das geht dir nie mehr aus dem Kopf."

Was ihn außerdem quält: Seine Frau und sein einjähriger Sohn müssen zu Hause ausharren, bei Eltern und Schwiegereltern. "Es gibt keinen Strom und kein Wasser, und gerade ist es so kalt wie hier."

Ein paar Stuhlreihen weiter: Parwona schwebt auf Wolke 7. Die 33-jährige Frau aus der nordafghanischen Provinz Samangan ist so glücklich, dass ihr Mann und ihre vier Kinder hier sind. "Jetzt ziehe ich in eine eigene Wohnung in Heerdt."

Die Augen der hübschen Schwarzhaarigen leuchten. Parwona hat zuletzt übersetzt, Farsi - Englisch. "Aber hier möchte ich eigentlich mit meinem acht Monate alten Baby nur Deutsch sprechen."

Zurück zu Omar. Was macht er den ganzen Tag? Vor allem: Deutsch lernen. Eigentlich haben Flüchtlinge erst ein Recht auf Sprachkurse, wenn sie anerkannt sind. Aber alle Organisationen helfen, so gut sie können.

Am Ende des Interviews frage ich Omar, ob ich ein Bild von ihm machen darf. Seine Freunde und Bekannten hören das und wollen alle unbedingt mit aufs Foto. Sie halten zusammen.