Hundeprofi Martin Rütter „Das Problem beim Hund ist immer der Mensch!“
"Freispruch!" — so heißt das aktuelle Bühnen-Programm von Hundeprofi Martin Rütter. Am Donnerstag, 20. Dezember, gastiert er in der Mitsubishi Electric Halle. Zielsicher lotst dann der Hundeflüsterer das Publikum durch den Beziehungsdschungel von Mensch und Vierbeiner.
Dem Düsseldorfer Anzeiger stand Martin Rütter für ein Interview zur Verfügung.
In Ihrem neuen Live-Programm "Freispruch!" halten Sie ein bellendes Plädoyer für die Beziehung von Hund und Herrchen. Im Auftrag der Tiere und zur Aufklärung ihrer Menschen. Sie räumen mit dem Mythos des notorischen Problemvierbeiners ein für alle Mal auf. Das heißt, schuld ist nie der Hund?
Genau das heißt es! Das Problem ist immer der Mensch. Meist fehlt es ihm an Konsequenz und Disziplin, die unersetzliche Faktoren in Sachen Hundeerziehung sind. Es bedarf fester Regeln, an die sich beide halten müssen. Will der Halter nicht, dass der Hund auf die Couch geht, dann muss er ihm das konsequent vorleben. Heute nein, morgen aber ja- das verwirrt den Hund nur und ist dementsprechend kontraproduktiv. Wichtig ist immer, dass der Mensch die Entscheidungshoheit besitzt, das schafft beim Hund Vertrauen.
Ihre Kindheit und Jugendzeit verbrachten Sie auf dem Fußballplatz. Wie kommt es, dass Sie heute Hundetrainer und nicht Fußballnationalspieler sind?
Ich habe sogar ursprünglich Sportpublizistik studiert und wollte Sportreporter werden. Und so wie andere Leute neben dem Studium gekellnert haben, habe ich Hunde ausgeführt. Ich habe dann quasi mein Theoriewissen — ich hatte bis dahin so an die 200 Hundebücher studiert — an den Leuten ausprobiert. Und da hat sich relativ schnell rumgesprochen, dass wenn dieser Rütter kommt, der Hund dann irgendwie anders ist. Und so im dritten, vierten Semester war für mich dann klar, ich mach das: ich eröffne 'ne Hundeschule. Für meine Eltern war das zunächst natürlich kein schöner Moment (schmunzelt).
Warum braucht ein Hund eigentlich Regeln?
Weil er nur so Vertrauen zu seinem Menschen aufbauen und sich auch in schwierigen Situationen auf ihn verlassen kann.
Der häufigste Fehler in der Hundeerziehung?
Es gibt drei Kardinalfehler. Die extreme Vermenschlichung, denn diese schürt Erwartungen, die der Hund niemals erfüllen kann. Ein Hund kann nicht denken und handeln wie ein Mensch. Dazu kommt mangelnde Konsequenz. Menschen stellen Regeln auf, gehen dann aber zu lax mit diesen um. Immer sonntags darf der Hund mit am Frühstückstisch sitzen und bekommt sein Leberwurstbrötchen, an den anderen Tagen aber nicht. Das kapiert kein Hund und verunsichert ihn nur. Und ein weiteres Problem ist die mangelnde Beschäftigung. Hunde brauchen körperliche und geistige Auslastung.
Warum eigentlich Hunde? Katzen sind doch viel interessanter!
Deswegen haben Katzen durchaus auch Raum in meinem aktuellen Programm "Freispruch!". Es gibt da eine sehr lustige Nummer. Ob sie den Katzenleuten gefallen wird, sollen sie mal selber rausfinden (schmunzelt). Grundsätzlich habe ich ein Faible für Tiere. Es gibt so viele faszinierende Tierarten, die schier Unglaubliches leisten. Im Rahmen meiner Sendung war ich beispielsweise in den Schweizer Bergen zum Horst eines Bartgeiers geklettert, oder in Armenien war ich bei der Auswilderung eine Bärin dabei — wahnsinnig beeindruckende Erlebnisse. Aber meine berufliche Kernkompetenz liegt beim Thema Hund, und das wird sich auch nicht ändern.
Für die Sendung "Der V.I.P. Hundeprofi" auf VOX sind Sie zur Stelle, wenn der Promihund nicht so will wie das Promiherrchen oder Promifrauchen. Hand auf's Herz: Welcher Promihund ist der unerzogenste?
Die Frage müsste ja vielmehr lauten: Welcher Promi war am inkonsequentesten? Nina Ruge zum Beispiel habe ich ziemlich direkt vor den Latz geknallt, dass sich ihr Hund Lupo null für sie interessiert. Sie war für einen kurzen Moment konsterniert, hat dann aber direkt gefragt: "Okay, wie kann ich das ändern?" Bei den Jacob Sisters konnte ich reden wie ich wollte, gebetsmühlenartig und mit Engelszungen, vergebens, bei diesem Chaos hast du keine Chance. Aber sie haben das große Glück, dass ihre Hunde total prima sind. Und Toni Polster und seine Sunna sind ein Beispiel, dass sich Hund und Herrchen mit der Zeit im Verhalten annähern können. Wie bei Toni in seiner aktiven Fußballerzeit war auch Sunnas Aktionsradius sehr begrenzt — beide sind keine Trainingsweltmeister (lacht).
Hunde bzw. Haustiere werden gerne zu Weihnachten verschenkt. Wie finden Sie das?
Das Schlimmste und Blödeste, was man machen kann, ist einen Hund zu Weihnachten zu verschenken. Der ist damit doch völlig überfordert: Das ganze Haus ist voll von Verwandten, da steht ein Tannenbaum, bei dem er aber nicht an die Kugeln darf, überall liegt Schokolade rum. Am besten holt man sich einen Hund, wenn gerade Alltag herrscht und alles ist wie sonst auch. Weiterhin ist wichtig, dass man sich im Vorhinein immer fragt: Welcher Hund passt überhaupt zu mir und meinen Lebensumständen. Ich muss immer berücksichtigen, welche Bedürfnisse und Charaktereigenschaften habe ich, welche Bedürfnisse und Charaktereigenschaften hat der jeweilige Hund. Ist das miteinander vereinbar? Also unbedingt vor der Anschaffung eine Art Checkliste anfertigen. Und ganz wichtig: für einen Hund muss man Zeit haben. Und damit meine ich nicht nur die Zeit für die Pflege wie beispielsweise Kämmen oder Krallen schneiden. Ein Hund ist kein Spielzeug, das man bei Bedarf rauskramt und dann wieder wochenlang verstauben lässt. Er ist ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen, über die man sich gut informieren muss. Und: Ich bin übrigens ein Verfechter davon, dass alle, die sich einen Hund wünschen, immer auch im Tierheim vorbeischauen. Unsere Tierheime sind voll mit super Hunden, die es verdient haben, eine neue Chance zu bekommen.
Bekommt Ihr Hund etwas zu Weihnachten geschenkt?
Ich hab einen sechsjährigen Hund: Emma, ein Mischling aus Terrier und Australian Shepherd. Und natürlich kriegt Emma bei mir auch ein Weihnachtsgeschenk. Denn wenn jetzt unter dem Tannenbaum nichts für Emma wäre, dann würden sich die Kinder ja denken: "Guck mal, der Hund hat nichts geschenkt bekommen. Dann war der wohl nicht so lieb." Emma bekommt zu Beginn der Bescherung einen großen Knochen, der sie erst mal eine Weile beschäftigt. Klar, das ist auch Mittel zum Zweck, damit wir in Ruhe Geschenke auspacken können, aber mittlerweile auch ein echtes Ritual.
Martin Rütter mit seinem Programm "Freispruch!" am Donnerstag, 20. Dezember, 20 Uhr, in der Mitsubishi Electric Halle