Apothekenkammer hat E-Rezept-App im Visier „Es hapert“

Seit Anfang des Jahres gehören rosa Rezepte weitgehend der Vergangenheit an. Patienten erhalten das digitale E-Rezept. „Wir beobachten, dass viele Menschen damit überfordert sind“, berichtet Dr. Armin Hoffmann, Präsident der Apothekerkammer Nordrhein in Düsseldorf.

„Die Versichertenkarte einstecken bleibt der beste Weg“, so E-Rezept-Kritiker der Apothekerkammer Nordrhein.

Foto: Apothekerkammer Nordrhein

In der Praxis hapere es – „aber gewaltig“, so Hoffmann. „Die App haben viele Menschen nicht installiert, weil die Verlinkung mit der Krankenkasse alles andere als anwenderfreundlich ist. Nicht jeder Patient hat eine PIN von der Kasse erhalten; die Wege, das Rezept einzulösen sind vielfältig, verwirrend, komplex.“

Der einfachste Weg – indem man einfach die Krankenversichertenkarte in der Apotheke einsteckt – bleibe auch weiterhin der Beste. „Denn nur hier erhalten die Patienten die beste Beratung rund um verordnete Arzneimittel und Selbstmedikation“, ergänzt Kathrin Luboldt, Vizepräsidentin der Kammer. „Wir kümmern uns und lassen niemanden unversorgt – auch und gerade bei der Bewältigung der Lieferengpässe.“ Nur Apotheken vor Ort sicherten zudem die Arzneimittel-Therapie-Sicherheit, so Luboldt weiter. „Dass der Patient auch wirklich das bekommt, was für ihn bestimmt ist, das sichert nur die Kontrolle der Verordnung durch Fachpersonal in der Apotheke.“ Man hätte Kenntnis darüber erhalten, dass es in sehr seltenen Fällen zu Übertragungsfehlern in den beteiligten Systemen kommen kann und dass das angezeigte Medikament nicht mit dem eigentlich verordneten übereinstimmt. „Mir selbst ist beispielsweise passiert, dass ein Mittel gegen Bluthochdruck verordnet wurde – das System aber ein urologisches Arzneimittel abgeben wollte. Nur durch meinen persönlichen Eingriff konnte eine Fehlmedikation vermieden werden.“

Kritik äußerten viele Vorstandsmitglieder auch an den weiter bestehenden technischen Problemen. „Dass Server ständig abstürzen, egal bei welchem Dienstleister, ist ein absolutes Armutszeugnis und gefährdet die Versorgung der Menschen“, fasst Armin Hoffmann das kritische Stimmungsbild der Apothekerinnen und Apotheker zusammen.

Ein „riesiges Kommunikationsdefizit“ sehen Präsidium und Vorstand bei Gematik (der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH, die Red.), Kassen und Bundesgesundheitsministerium: „Oft können Apotheken ihre Patienten gar nicht versorgen, weil noch gar kein gültiges E-Rezept vorliegt. Das liegt daran, dass Praxen die Komfort-Signatur nutzen und E-Rezepte nur ein- oder zweimal am Tag digital unterschreiben“, so Armin Hoffmann. „Das wäre so, als würde ein Arzt die Patienten eines jeden Tages abends noch mal zur Autogrammstunde bitten. Dass Praxis-Teams und Ärzte das nicht wissen, ist absolut inakzeptabel.“

Da werde ein Feldversuch mit Technik gestartet, die noch in den Kinderschuhen steckt, und man überlasse es den Beteiligten, vor allem Ärzten und Apothekern, die Fehler im System und bei der Bedienung zu finden. Die Leidtragenden seien die Patienten, die die komplexen Zusammenhänge nur selten nachvollziehen könnten und sich dafür auch nicht interessierten. Hoffmann: „Und wir Heilberufler stehen inkompetent da – obwohl für diese Missstände andere verantwortlich sind. Und die sitzen fast alle in Berlin.“