Kyriakos Chariopolitis ist Imker aus Leidenschaft – und lernt „Wie die Biene denken“

Die Sonne scheint warm und kräftig auf das grüne Grundstück am Ortseingang von Urdenbach. Es wirkt wie ein großer Garten oder ein kleiner Park. Zwei Männer stehen leidenschaftlich diskutierend vor bunten Kästen, es summt und brummt um sie herum. Das sind einerseits die Bienen, die hier emsig ein- und ausfliegen, andererseits ist es Walter Merk, der etwas brummig wirkt. Der 74-Jährige ist Unterstützer, Lehrer von Kyriakos Chariopolitis. Dieser ist seit fünf Jahren Imker und sagt: „Ich habe schon wieder einen kleinen Fehler gemacht, man kann unendlich viele Fehler beim Imkern machen – ich lerne stets dazu.“

Passionierte Imker Kyriakos Chariopolitis (l.) und Walter Merk. - „Der Honig ist eigentlich nicht für uns.“

Foto: Stefan Pucks

Über den Bruder, der sich auch schon in der Heimat mit Bienen beschäftigte, ist der 55-jährige gebürtige Grieche vor einem halben Jahrzehnt zur Imkerei gekommen. Er lebt in Benrath mit Frau und Tochter, ist im bürgerlichen Beruf Kraftfahrer. Merk und er sind ungefähr zeitgleich, Anfang der 1990er Jahre, nach Deutschland gekommen. Merk aus Russland. Letzterer mit inzwischen gut 60 Jahren Imker-Erfahrung ausgestattet. Als achtjähriger Junge hatte er erstmals Bienenkontakt, eine Leidenschaft gefördert durch den Vater. Heute unterhält er mit seinem Sohn rund 40 Bienenstöcke auf dem Gelände der LVR-Klinik.

Chariopolitis „Bienenwanderung“ bis hier in den dörflich geprägten Süden Düsseldorfs hatte nach seinem Start mit dem Bruder in der griechisch-orthodoxen Gemeinde in Hassels begonnen. Die Grundvoraussetzungen für das Hobby brachte er mit – die Leidenschaft für die Natur und „für jede einzelne Biene“, wie er sagt. In Hassels mussten die Bienenfreude irgendwann das Feld räumen. Über den zwischenzeitlichen Bienenstöcke-Standort Haan ging es für Chariopolitis nach Hubbelrath. Hier kam es zum ersten Kontakt mit Walter Merk – Kyriakos lächelt – „ein echter Bienenflüsterer.“  Und er hat einen echten „Merk“satz parat: „Man muss wie die Biene denken“, dann klappe es mit der Imkerei. „Und der Walter kann das.“

Foto: Pixabay

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Seit dem vergangenen Sommer hat Kyriakos Chariopolitis seine zehn Stöcke hier auf dem Gelände der gegenüberliegenden Gärtnerei platziert. Er hat als Gegenleistung die Pflege und Gestaltung des Areals übernommen. Jetzt setzt sich auch Walter Merk an den kleinen Holztisch vis-a-vis der Bienenstöcke. Beide schwärmen vom „besten Navigationssystem der Welt“, dass die Insekten bei der Nahrungssuche einsetzen, schildern, wir die Bienen die Informationen hinsichtlich der Richtung zur und die Größe der gefundenen Nektarquelle an den Stock, an ihr Volk weitergeben. Starke Völker umfassen rund 50.000 Exemplare. Sie sprechen die zentrale Rolle der Bienenkönigin an, die täglich fast 2000 Eier produziert, erklären das „natürliche“ Phänomen des Schwärmens, erwähnen sogenannte Ableger, die sich neue Imker bei etablierten Kollegen besorgen können, um neue Völker zu züchten – wenn sie so wenig Fehler wie möglich machen. Doch worauf muss man da elementar achten?

Der Aufbau des Brutraums, dort, wo die Larven schlüpfen, das gleichzeitige Anlegen des Honigraums, der Nahrungsquelle des Nachwuchses sind äußerst wichtig, sagt Merk. Dann fällt das Stichwort Varroa-Milbe. Ein für die Bienen potenziell tödlicher Plagegeist, vor Jahrzehnten mit importierten Bienen vermutlich aus Asien eingeschleppter Schädling. „Die muss man als Imker bekämpfen“, sagt Merk. „Die saugen die Bienen förmlich aus!“  Das Deutsche Bienenmonitoring beziffert die jährliche Todesrate durch Varroa auf ca. 150.000 Völker. Merk nennt Ameisen-, Milch oder Oxalsäure als mögliche Gegenmittel. „Das beschert uns Imkern aber die zwei- bis dreifache Arbeit.“ Die jedoch gemacht werden müsse – sonst sterbe ein Bienenvolk aus. Man könne jedoch nur tätig werden, wenn die Honigzeit beendet sei.

Ach ja, der Honig? „Den nehmen wir uns von den Bienen, der ist eigentlich nicht für uns gedacht, sie brauchen ihn als Nahrung für den Nachwuchs und für den Winter“, sagt Chariopolitis. Die Beschaffung wird für die Biene immer schwieriger, Versiegelung, monokulturelle Landwirtschaft, das Fehlen von Blumenstreifen an Feldern, die jetzt aber wieder vermehrt auftauchen, machen dem Insekt das Leben schwerer. Walter Merk berichtet: „Ein starkes Volk verbraucht über den Sommer rund 100 Kilo Honig für den Eigenbedarf. Das muss ich stets beachten bei der Honigausgabe.“

Als sich Chariopolitis und Merk abschließend fürs Foto zum Artikel mitten in die bei diesem Sommerwetter schwer beschäftigt fliegenden Bienen stellen, zeigt der Grieche nach einer Minute auf einen in seiner Wange stecken gebliebenen Stachel. Das passiert, so sagt er, eher selten. Die Tiere sterben, anders als Wespen, beim Stich. Allerdings ist er wie auch Walter Merk so gewöhnt an den Piks, dass sie ihn kaum noch wahrnehmen.

Den Stachel lässt der Imker hängen, weil das „Bienengift“ in der Regel alles andere als schädlich ist: „Den lasse ich dort etwas stecken, weil das Serum ein gutes Heilmittel ist.“ In der Tat wirkt Bienengift entzündungshemmend, ein Vielfaches stärker als Cortison und wird bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. Allerdings nur, wenn man keine Insektengiftallergie entwickelt. „Wenn man das hat“, sollte man von der Imkerei die Finger lassen“, lacht Chariopolitis auf dem Weg raus aus dem kleinen Park in Urdenbach. Er reagiert nicht allergisch auf die Bienen – er liebt sie.

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