Kunst „Mach was draus“

Hierzulande ist Dieter Nuhr vornehmlich als - zuletzt auch durchaus in der Diskussion stehender - Comedian bekannt. Doch er ist auch studierter Folkwang-Schüler für Kunst und Fotografie, zeigt jetzt in seiner ersten Galerie-Ausstellung in Düsseldorf Bilder, die Malerei und Fotografie vereinen. Kurz vor der Vernissage schwärmt er von seiner künstlerischen Tätigkeit, hadert aber mit dem Humorfach.

Dieter Nuhr vor seinen bemalten Fotografien, hier Aufnahmen aus den Dolomiten, in der Düsseldorfer Ausstellung - „Wie,  Sie malen auch?“ Foto: SP

Foto: Stefan Pucks

Natürlich - selbst wenn der Mann dort inmitten seiner mehr als 25 übermalten Fotografien in der Galerie Geuer & Geuer auf der Heinrich-Heine-Allee steht, erwartet man spontan eine bissige Pointe. In Deutschland gehört Dieter Nuhr zu den bekanntesten Kabarettisten. Doch der 62-Jährige hat in nur einem Jahr seine künstlerischen Arbeiten im renommierten Osthaus-Museum in Hagen, im Correr am Markusplatz in Venedig und im einem der wichtigsten afrikanischen Museen, dem IFAN in Dakar (Senegal), gezeigt. Bald geht es nach Rom, im Oktober ins Ludwig-Museum nach Koblenz.

„Dieter Nuhr überzeugt mit seiner Kunst derzeit Sammler, Museumsdirektoren und Jurys auf der ganzen Welt“, so Galerist Dirk Geuer. „Während man hierzulande den Künstler fast noch ausschließlich als Kabarettisten wahrnimmt, zeichnen seine Erfolge und Verkäufe im Ausland ein ganz anderes Bild von ihm.“ Dieter Nuhr habe eine ganz eigene künstlerische Handschrift mit hohem Wiedererkennungswert entwickelt.

Dieser nimmt den Faden hinsichtlich der unterschiedlichen Wahrnehmungen im In- - und Ausland auf. „Ach, sie malen auch?“ werde er hier durchaus öfter gefragt, berichtet Nuhr. Das tut er. Und er reist sehr viel. Und er fotografiert. 90 Staaten hat er inzwischen besucht. „Das ist eine Lebensraumerfahrung“, beschreibt Nuhr das. „Ich reise durch die Welt, bringe etwas mit und mache etwas draus.“

Nun, während Corona fielen die Reisen weg - Nuhr „änderte die Arbeitsweise“, sichtete seine Fotos. Es waren viele Landschaftsaufnahmen dabei - aus China, Bolivien, Ägypten oder den Dolomiten, von den Cook-Inseln. Er verarbeitet das mit der Kamera Aufgenommene mit selbst programmierten digitalen Pinseln. Ist es Fotografie oder Malerei?, fragt sich der Betrachter. Nun, wohl beides: Was er fotografisch festhält, wird in seinen Bildern gleichermaßen verschleiert und enthüllt. Sie werden fiktionalisiert, poetisch aufgeladen und ähneln am Ende eher langsam zerfallenden Erinnerungen als fotografischen Dokumenten. Das Reale verschwindet im Malerischen.

In einigen seiner in Düsseldorf ausgestellten Arbeiten verlässt Nuhr sogar das Medium Fotografie gänzlich und kehrt zu rein zeichnerisch-malerischen Ansätzen zurück. Er zeichnet Personen, denen er auf Reisen begegnet ist, Figuren aus der Kunstgeschichte. „Das ist neben der Reise durch den Raum eine Reise durch die Zeit“, sagt er. Er arbeitet aus der Erinnerung, betont Details.

Dirk Geuer sagt: „Bei Dieter Nuhrs Werken handelt es sich ausschließlich um Unikate. Er lässt jedes digital gefertigte Werk nur ein einziges Mal in physischer Form produzieren. Dabei könnte er von Fotoarbeiten sechs Kopien anfertigen lassen, die noch immer als Unikate gelten würden.“ Nun, bei der Bezifferung der Marktpreise wirkt sich das kaum nachteilig aus - der Wert der Bilder, so Geuer, liege zwischen 2.000 und 18.000 Euro.

Im anschließenden Gespräch mit Nuhr spielt das Monetäre keine Rolle, vielmehr schwärmt er von seiner hier ausgestellten Arbeit. „Das liebe ich. Die Ruhe und Stille, die darin liegt.“ Doch er hadert auch mit dem Humorfach in Deutschland. Die Diskussion ums seine kabarettistische Ausrichtung, die zuletzt durch den TV-Kollegen Jan Böhmermann sarkastisch aufs Korn genommen wurde, beschäftigt ihn sichtlich, ohne dass er sich dazu öffentlich zu Wort gemeldet hätte. Er bleibt allgemein: „Der Humor ist hier eine sehr ernsthafte Angelegenheit geworden. Einfach so auf die Bühne gehen und was machen - das geht nicht mehr.“ Alles müsse überprüft und klar sein. „Sonst hast Du am nächsten Tag einen Shitstorm.“

Dann wendet er sich wieder seiner bildenden Kunst zu. Im Sommer wird es Fotonachschub geben. Nuhr reist nach Norwegen. Was ist denn mit exotischeren Zielen? Das folge im Herbst: „Dann geht es in den Irak.“

(SP)
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