"Wie kriegen wir es hin?"
Ein Gespräch mit dem Diplom-Psychologen Joachim Stuckenschmidt von der Evangelischen Beratungsstelle Benrath über die Komplexität seiner Arbeit und das gute Gefühl, Menschen in schwierigen Situationen zu helfen.
Ein kleines unscheinbares Haus an der Paulistraße, unweit der Straßenbahnhaltestelle im Herzen von Benrath: Hier befindet sich die Evangelische Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe- und Lebensfragen . In diesem Jahr feiert sie ihr 44-jähriges Bestehen. Ein guter Zeitpunkt, Bilanz zu ziehen und sich zugleich verstärkt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen . Findet auch Diplom-Psychologe Joachim Stuckenschmidt, der seit 1981 durchgehend für die Einrichtung arbeitet.
Herr Stuckenschmidt, Sie befassen sich jeden Tag mit den Problemen anderer Menschen. Macht Ihnen Ihr Job Spaß?
"''Erfüllend‘ ist vielleicht das bessere Wort. Aber Spaß kann durchaus eine Rolle spielen, in der Beratung geht es auch um Emotionen, wir lachen und weinen schon mal zusammen."
Wann haben Sie das letzte Mal zusammen geweint?
"Im Januar. Mit einer Frau, die gerade eine Krebsdiagnose bekommen hatte. Sie war Mitte 40 und sehr verzweifelt."
Haben Sie oft mit so traurigen Fällen zu tun?
"Wir sind Ansprechpartner für ganz unterschiedliche Bereiche: Zu den Schwerpunkten zählen allerdings Probleme bei der Erziehung, in der Partnerschaft und in der Ehe. Die Menschen kommen zu uns und wir versuchen dann gemeinsam eine Antwort auf die Frage 'Wie kriegen wir das hin, was Sie verändern möchten' zu finden."
Wie gehen Sie vor, wenn sich jemand an Sie wendet?
"Wir nehmen uns Zeit für die Menschen. Es geht darum, einen Kontakt, gegenseitiges Vertrauen aufzubauen. Nur in einem offenen Verhältnis kann man Dinge klar ansprechen. Im Durchschnitt haben wir uns am Ende fünf bis neun Mal getroffen."
Von wie vielen Fällen sprechen wir?
"In 2013 hatten wir insgesamt 500. Davon konnten wir 300 im gleichen Jahr abschließen. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres gab es bereits 96 Neuaufnahmen. So viele wie lange nicht in diesem Zeitraum. Man muss dazu sagen, dass nicht alle bei uns bleiben. Wir arbeiten mit vielen Institutionen und Ärzten eng zusammen."
Sie sind seit Anfang der 80er Jahre in der Beratungsstelle tätig. Kamen die Menschen damals mit anderen Problemen als heute?
"Die Welt hat sich verändert, klar, die Lebensformen sind komplexer und die Probleme differenzierter. Durch die moderne Kommunikation sind auch weitere Themen hinzugekommen. Internet-Mobbing, Computerspielsucht, Verschuldung durch exzessiven Handykonsum. Darüber hinaus verstärkt Altersarmut und Depressionen."
In zwei Jahren werden Sie 65 Jahre alt. Gibt es etwas, was Sie sich wünschen, bevor Sie in Rente gehen?
"Eine weitere Vollzeitkraft."